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REVIEWS



Hypnotiseur, Der   

Hypnotiseur, Der
    
Original: Hypnotisören   (Schweden, 2012)
Laufzeit: ca. 119 Min. (PAL)
Studio: Prokino
Regie: Lasse Hallström
Darsteller: Mikael Persbrandt, Lena Olin, Tobias Zilliacus
Format: 2.40:1 Widescreen (16:9)
Ton: DD 5.1 Deutsch, Schwedisch
Untertitel: Deutsch
Extras: Deleted Scenes
Preis: ca. 13 €
Wertung: 2 / 2-/ 3 (Bild/Ton/Extras)


"Du wirst müde!"

Schwedische Krimis? Sind normalerweise – für die Fans – eine sichere Bank. Wer es schwermütig mag und darüber hinaus ein paar Streicheleinheiten fürs geplagte linke Bildungsbürgergemüt braucht, greift zu seinem „Mankells Wallander“. Wer es lieber actionbetont mag, schaut „GSI“. Und „Kommissar Beck“ mögen irgendwie alle Freunde des Ikea-Stils. Nun hat die Millennium-Trilogie bewiesen, dass der Schwedenstil auch im Kino funktioniert und für die Verfilmung von Lars Keplers Bestseller „Der Hypnotiseur“, da haben sich die schwedischen Produzenten nicht lumpen lassen. Sie haben nicht nur Mikael Persbrandt für die Hauptrolle gebucht („Agent Hamilton“ / „Der Hobbit“), der durch die Rolle des Gunvald Larsson in den Kommissar Beck-Filmen selbst eine Ikone des schwedischen Krimis geworden ist. Nein, sie haben für die Inszenierung auch Lasse Hallström gewinnen können, der als renommierter, dreifach Oscar-nominierter Hollywood-Regisseur seit 1986 nicht mehr in seiner Heimat gedreht hat.
Und all das ist derart in die Hose gegangen, dass man fast schon von einer Bankenpleite sprechen könnte. Nur steht kein Steuerzahler bereit, um dieses Desaster zu bezahlen. Und es ist ein Desaster, weil einfach nichts an diesem Film stimmt.
Da wäre Kommissar Joona Linna, der als Bundespolizist gar nichts mit dem Fall, um den es geht, zu tun hat. Er stolpert rein, weil er gelangweilt durch Stockholms Straßen fährt, Polizeifunk hört und so in einem Haus landet, in dem gerade eine Familie abgeschlachtet worden ist. Das heißt: Der Vater wurde etwas früher in einer Turnhalle gemeuchelt. Allerdings: Der Sohn der Familie hat schwer verletzt überlebt. Nun hat Linna nix mit dem Fall zu tun, dennoch kniet er sich rein. Warum, das erfahren wir nie, Klar, er war der erste Mann am Tatort und was er dort sieht, das ist schon herbe. Aber eine wirkliche Begründung für seine regelrechte Obsession – gibt es nicht.
Dann kommt der Hypnotiseur ins Spiel. Das ist Persbrandt, der hier Erik heißt. Der wird gerufen, weil eine Ärztin des Jungen sagt – ich kenne da einen, der der Polizei helfen kann. Es geht nichts über hilfreiches Pflegepersonal. Nun ist der Hypnotiseur Erik aber kein durchgeknallter Wasauchimmer, was nun vielleicht etwas Würze in die Story bringen könnte. Nein, er ist Arzt, er ist ein gebildeter Mann, der halt durch ernsthafte Hypnose versucht, Menschen zu helfen (und dabei mal einen Fehler gemacht hat, immerhin). Der Hypnotiseur hat auch noch eine Frau. Die heißt Simone und ist ziemlich stinkig darüber, dass Erik sie vor zwei Jahren einmal betrogen hat. Und darum geht es nun in dem Film – Simone und Erik schweigen sich an, finden keine Worte... Wäre „Der Hynotiseur“ schwarz-weiß, dann könnte man ihn auch als Hommage an einen Ingmar-Bergman-Film interpretieren. In Sachen Langeweile kann es „Der Hypnotiseur“ auf jeden Fall problemlos mit einem Bergman-Film aufnehmen. Menschen schweigen, reden, schweigen noch mehr... Wobei – ging es nicht um einen Mord? Ja ja, ging es. Aber die Geschichte, die sich rund um den Mord aufbaut, die ist so simpel, dass man als Krimifreund eigentlich immer ein wenig die Hoffnung lebt, der Hypnotiseur würde die Realität irgendwie manipulieren – da muss doch mehr in der Geschichte stecken als das, was der Zuschauer zu sehen bekommt.
Doch das ist nicht der Fall. Die Story plätschert vor sich hin wie ein ausgetrockneter Bach im Hochsommer, irgendwie gelingt es der Geschichte, sich ins Ziel zu retten, wobei die erschreckend langweilige und simple Auflösung dann auch noch durch einen vollkommen an den Haaren herbeigezogenen Showdown aufgepeppt wird, auf den niemand gewartet hat, da er dramaturgisch überhaupt keine Relevanz für das Geschehen, für die Emotionen, für die Story aufweist.

BILD

Hypnotiseur, Der

Die hübsch grün/blaue Farbgebung, die sich durch den ganzen Film zieht, lässt Schweden richtig schön kalt wirken. Dieses Bild im Zusammenhang mit einem richtig guten Film – ergäbe schon einen tollen Heimkinoabend. Doch die hervorragende technische Umsetzung des Bildgestaltungstalents von Kameramann Mattias Montero verpufft in der drögen Langeweile der Inszenierung.



TON

Hypnotiseur, Der

Abgesehen vom Showdown wird der Ton nicht wirklich gefordert. „Der Hypnotiseur“ könnte auch mit Zwischentiteln über den Bildschirm huschen, der Unterschied wäre minimal. Nun soll die technische Umsetzung gar nicht kritisiert werden. Die ist in Ordnung, der Verleih hat eine saubere Arbeit abgeliefert. Die dröhnende Langeweile haben die Techniker schließlich nicht zu verantworten. Also: Gute Arbeit.

EXTRAS

Da wird es richtig bizarr: In den Extras gibt es einige herausgeschnittene Szenen, die dem Film mehr Tiefe hätten verleihen können. Nein, sie hätten ihn nicht spannender gemacht, aber etwa Simone hätte eine ganz andere Richtung eingeschlagen. In den Extras nämlich wird angedeutet, dass sie, die Ehefrau, die einst von ihrem Gatten betrogen wurde, selbst ein Krösken mit einem anderen Mann hat / hatte. Dies würde zumindest der Ehegeschichte etwas Zunder verleihen, der Film wäre dadurch nicht spannender, aber die Figuren würden etwas mehr Tiefe erhalten. In einer anderen Szene etwa streitet sich Joona Linna mit einem Kollegen – und bekommt nun in der nicht verwendeten Auflösung des Streits heraus, dass der Kollege Interna der Ermittlungen an die Presse verraten hat. Das ist nicht uninteressant, denn die Presse spielt im Film eine Art unsichtbare Rolle. So ist Erics Karriere nicht unwesentlich von der Presse zerstört worden. So aber... Bleibt auch diese Geschichte unvollendet.

FAZIT

Was als Kriminalfilm verkauft wird, entpuppt sich als eine Bergman’sche Studie über eine gescheiterte Ehe; der Fall verkommt zu einer Dreingabe, deren Auflösung ob ihrer Einfallslosigkeit fast mehr erstaunt als die Langeweile, mit der sich die Geschichte zum Showdown quält. Bei den Namen vor und hinter der Kamera – eine herbe Enttäuschung.



Christian Lukas