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REVIEWS



Charlie Chan - Ein fast perfektes Alibi   

Charlie Chan - Ein fast perfektes Alibi
    
Original: Charlie Chan - Dark Alibi   (USA, 1946)
Laufzeit: ca. 58 min (PAL)
Studio: Chandler Film
Regie: Phil Karlson
Darsteller: Sidney Toler, Benson Fong, Teala Loring, Mantan Moreland
Format: 1.33:1
Ton: DD 2.0 Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch
Extras: --
Preis: ca. 14 Euro
Wertung: 2 / 4 / 6 (Bild/Ton/Extras)


"Wenn der Schotte den Chinesen spielt..."

„Die Welt“ nannte sie in einem Bericht über die amerikanischen DVD-Veröffentlichungen erstklassige zweitklassige Filme. Gemeint sind die Filme über den berühmten chinesischen Meisterdetektiv Charlie Chan. Diese waren einst massenkompatible Fast-Food-Unterhaltung. Gut gemacht, aber ohne etwa den herben Unterton der „Mr. Moto“-Filme, mit denen Peter Lorre in den 1930-ern in den USA seinen Durchbruch feierte. Charlie Chan, der etwas dickliche, stets freundliche chinesische Detektiv, der bei aller Brillanz stets ein wenig mit der englischen Grammatik auf Kriegsfuß stand, war eher der nette Onkel von nebenan. Einer, der niemals laut wird, der ein gutes Essen liebt, den man aber niemals unterschätzen sollte. Charlie Chan war der Mann, der die richtigen Puzzleteile zusammenzusetzen vermochte, wenn andere noch im Nebel stocherten.
2003 jedoch musste sich der freundliche Detektiv plötzlich mit dem Vorwurf auseinandersetzen, eine rassistische Fantasie zu sein. Natürlich nicht Charlie Chan persönlich, er ist ja nur die Erfindung des US-Autors Earl Derr Biggers. Sehr wohl aber die Filme aus den 1930-er und 1940-er Jahren. Und so ganz lässt sich dieser Vorwurf nicht von der Hand weisen. In „Ein fast perfektes Alibi“ etwa gibt es eine ganze Reihe von Momenten mit einem durchaus rassistischem Unterton. Die betreffen jedoch in diesem Fall nicht die Darstellung Charlie Chans. Es ist vielmehr die Figur seines afroamerikanischen Chauffeurs Birmingham, die zu manchem Stirnrunzeln Anlass gibt. Die Darstellung Birminghams als etwas simpel gestrickten Onkel-Tom-Typen beinhaltet klar abwertende Charakteristika; er ist der geborene Diener. In der Figur Charlie Chans lassen sich, zumindest in diesem Film, keine rassistischen Momente finden. Klar kann man behaupten, er würde Stereotype verkörpern, etwa durch sein ständiges Zitieren von Konfuzius und anderen chinesischen Philosophen, inklusive seiner Ehefrau. Aber das ist nur eine Fassade, hinter der sich ein wacher Geist verbirgt, der weiß, dass die Menschen ihn aufgrund seines Auftretens unterschätzen – und der dies für seine Arbeit einsetzt.
Sidney Toler (ein Amerikaner schottischer Herkunft!) spielt diesen Charlie Chan mit Verve, wenngleich auch ohne den ironischen Unterton seines Vorgängers Warner Oland. Oland war 1938 während einer Reise in seine schwedische (!) Heimat an einer Lungenentzündung erkrankt und verstorben, sodass die Serie mit Sidney Toler einen Neustart erlebte.

Charlie Chan wird mit einem sehr seltsamen Fall konfrontiert: Ein Banktresor wurde ausgeräumt, ein Wachmann erschossen. Verhaftet wird Thomas Herley, ein älterer, freundlicher Herr – mit einem gar nicht so freundlichen Vorleben. Er war ein Verbrecher, doch June, seine Tochter, beschwört Charlie Chan, ihr Vater sei unschuldig, er habe sich verändert und sei heute ein anständiger, guter Mann. Das Problem sind die Fingerabdrücke im Tresorraum, die Herley identifizieren. Charlie Chan jedoch laubt der jungen Frau.

Der Fall ist einerseits simpel, andererseits aber ist er eben auch gut gespielt. Sidney Toler beherrscht die Szenerie, mit Leichtigkeit und Humor löst er den Fall in 58 Minuten. Länger dauerten die Charlie-Chan-Filme selten. Sie waren B-Ware, für den Massenkonsum runtergekurbelt, mit kleinen Budgets. Aber ein Werk wie „Ein fast perfektes Alibi“ ist auch eine kleine Stilkunde des B-Filmgenres der 40-er Jahre. Gerade der Überfall auf den Tresor ist eine Aneinanderreihung von stilvollen, kunstvoll ausgeleuchteten Bildern. Jede Einstellung gibt ein perfektes Szenenfoto ab, Schwarz und Weiß sind hier keine Zustände, sondern dramaturgische Stilelemente in Vollendung. Stil muss eben nicht teuer sein, wenn die Herrschaften hinter der Kamera ihr Handwerk beherrschen.

BILD

Charlie Chan - Ein fast perfektes Alibi

Das Bild ist sauber, frei von Spratzern, die Kontraste sind klar und konturvoll. Natürlich muss man bei einem Film aus dem Jahre 1946 Abstriche machen. Sehr helle Bildelemente wirken manchmal ein wenig überblendet, ein Tick mehr Dunkelheit hätte dem Bild in diesen Szenen gut getan. Dieses Manko ist aber das einzige, das hier und da etwas stört. Ansonsten handelt es sich um eine sehr gute DVD-Präsentation. Man darf nicht vergessen, dass der Film aus dem Jahre 1946 stammt und die Studios mit dieser B-Ware nach der Auswertung alles andere als sorgsam umgegangen sind. „Ein fast perfektes Alibi“ hat die Zeiten jedoch gut überstanden und die Bild-Nachbearbeitung für die DVD-Auswertung kann sich sehen lassen.

TON

Charlie Chan - Ein fast perfektes Alibi

Der Ton ist leider alles andere als eine Offenbarung. Auch in diesem Fall gilt natürlich – das Alter darf nicht unberücksichtigt bleiben. Da lässt sich ein Hintergrundrauschen nicht vermeiden. In der englischen Originalfassung kommen die Stimmen klar und verständlich rüber, das Hintergrundrauschen aber bleibt selbst dann bestehen, wenn Personen miteinander sprechen. Es darf die Frage erlaubt sein, ob die Abmischung da nicht mehr hätte rausziehen können, etwas mehr Rauschunterdrückung und etwas mehr Wumms für die Sprache? Ganz lässt sich ein Hintergrundrauschen kaum vermeiden, um die Tonspur aufzuräumen, bräuchte man Zeit, Zeit kostet viel Geld – und wir haben hier keinen Alfred Hitchcock-Film, der diese Kosten auch wieder erwirtschaften würde. Dennoch – das Ergebnis überzeugt nur bedingt. Der deutsche Ton, die Synchronisation entstand erst in den 1980-ern (?), ist schlecht. Oft ist sie nicht lippensynchron, atmosphärisch klingt das alles sehr steril, man hört förmlich den Geräuschemacher im Studio klimpern. Dass dann diese deutsche Tonspur auch ein leises Hintergrundrauschen aufweist, das ist irritierend, denn zumindest auf dieser Ebene sollte sie der US-Version überlegen sein. Ist die aber nicht.

EXTRAS

Extras gibt es keine. Etwas irritierend ist die deutsche Veröffentlichungsreihenfolge. „Ein fast perfektes Alibi“ erscheint hierzulande als dritter Charlie-Chan-Film. Wenn man nun einmal die Sidney-Toler-Reihe als eigenständige Serie betrachtet und nicht als Fortsetzung der Oland-Filme, wäre „Ein perfektes Alibi“ allerdings immer noch der neunzehnte Fall des chinesisch-hawaiianischen Detektivs. Selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, dass eine Reihe von Filmen nie ins Deutsche übersetzt worden sind – wäre er, würde man die nicht synchronisierten Filmen einfach ignorieren, Film Nummer 12. Nun ja...

FAZIT

„Ein fast perfektes Alibi“ kommt auf einer ganz ordentlichen, in Sachen Ton jedoch geforderten DVD daher. Ansonsten überführt Charlie Chan die Halunken mit Stil und Verstand. Freunde klassischer Krimikost dürfen da gerne zugreifen.



Christian Lukas