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REVIEWS



Chihiros Reise ins Zauberland   

Chihiros Reise ins Zauberland
    
Original: Sen to Chihiro no Kamikakushi   (Japan, 2001)
Laufzeit: 119 Minuten (PAL)
Studio: Universum
Regie: Hayao Miyazaki
Darsteller: Sidonie von Krosigk, Nina Hagen, Tim Sander, Cosma Shiva Hagen u.v.a.
Format: 1.85:1 Widescreen (16:9)
Ton: DD5.1 Deutsch, Japanisch
Untertitel: Deutsch
Extras: Interviews, französischer Trailer
Preis: ca. 20 €
Wertung: 3- / 2- / 4- (Bild/Ton/Extras)


"Kinder-Arbeit!"

Hayao Miyazaki ist einer der großen Anime-Götter Japans. Seine Filme haben im Heimatland selbst große internationale Blockbuster wie “Titanic” locker versenkt. Nach seinem umwelt-esoterischen Trip von “Prinzessin Mononoke” hat sich der Altmeister einer neuen Thematik zugewand. Die kleine Chihiro zieht mit ihren Eltern um. Auf der Fahrt in ihr neues Zuhause kommen sie an einem verlassen scheinenden Vergnügungspark vorbei. Hinter dessen Fassade betreibt aber die Hexe Yubaba ein exklusives Badehaus für die zahlreichen Götter der japanischen Mythologie. Da sind Menschen eben äußerst unerwünscht. So werden Chihoros Eltern in Schweine verwandelt und das kleine Mädchen einfach zurückgelassen. Doch Chihiro gibt nicht auf. Sie schleicht sich in das seltsame Badehaus der Götter ein, um ihre Eltern wieder zu befreien. Als niedere Arbeitskraft muss sie ihr Überleben in der überirdischen Gesellschaft des Badehauses sichern. Doch wie die Kinder im Nimmerland von Peter Pan beginnt sie, nach und nach ihre Erinnerungen an die Eltern zu verlieren. Doch ihre neu gewonnen Freunde Lin und Haku lassen sie nicht im Stich und wollen ihr helfen. Wieder einmal sehr bildgewaltig erzählt Miyazaki von dem Problem des unfreiwillig schnellen Erwachsenwerdens, dem Verlust der kindlichen Unschuld, dem Zurechtfinden in einer fremden wie feindlich wirkenden Umfeld und dem aufrichtigen Mut im Angesicht all dieser erschreckenden Dinge. Die Welt der Geister und Götter wird derart mannigfaltig wie sonderbar vor den augen der Zuschauer eröffnet, dass einem wie Chihiro selbst der Atem stockt. Ebenfalls verzichtet “Chihiros Reise ins Zauberland” auf eine Disney-hafte Schwarz-Weiß-Malerei bei den Charakteren. Niemand ist hier ganz was er, sie oder es auf den ersten Blick scheint. Selbst die “böse Hexe” Yubaba wird letzlich als “notwendiges Übel” in einem dualistischen Gefüge der Welt beschrieben. Vollgestopft mit einer Unmenge an phantastischen Geschöpfen wird “Chihiros Reise ins Zauberland” auch ein abenteurlicher Trip zwischen exotischer Faszination und mitreißendem Wechselbad der Gefühle für den Zuschauer. Dafür gab’s schließlich den goldenen Bären als bester Film der Berlinale und den Oscar als bester Animationsfilm. Dass der Film in Deutschland allerdings “ohne Altersbeschränkung” freigegeben wurde, ist eine verantwortungslose Frechheit. Da wird der Aufstand, den unsere lieben Jugendschützer gegen Harry Potter Nr.2 gefahren haben, als völlig bigotter Mummenschanz entlarvt. Aufgrund der Komplexität des Materials und der sehr ausgefallenen Figuren dürften Kinder bis acht Jahre bei “Chihiro” nur Bahnhof verstehen und mit einigen sehr verstörenden Bildern konfrontiert werden. Aber Zeichentrickfilme sind ja eben nur für Kinder...

BILD

Chihiros Reise ins Zauberland

Das angegebene Bildformat von “Chihiros Reise ins Zauberland” entpuppt sich erstmals als Ente. Statt einem klassischen anamorphen Letterboxformat (1.85:1) zeigt sich der Film zusätzlich (!) in leichtem “Windowboxing” (mit schwarzen Rändern auch auf der linken und rechten Bildschirmseite). Welches Format genau verwendet wurde kann hier nur gemutmaßt werden. Das Bild selbst ist aber komplett vorhanden und wird nicht abgeschnitten. Die Vorlage ist in sehr gutem Zustand und hat keine Defekte oder Dreckspuren aufzuweisen. Leider wurde aber anscheinend trotzdem mit einem fetten Rauschfilter gearbeitet, der zu Lasten von Bewegungen im Bild geht. In Bewegungen wird jedes zweite Standbild mit einer Art Geisterbild des vorherigens Bildes überlagert. Dies führt dazu, dass sämtliche Bewegungen nicht mehr flüssig sondern fast wie ruckartig “gebeamt” wirken. Dies führt ebenfalls zu einem leichten aber deutlichen Nachzieheffekt. Zudem wirkt das Bild besonders in Wideshots sehr weichgezeichnet. Die Farben sind kräftig, aber nicht so grell und akut farbkorrigiert wie bei Disney-Filmen. Der Schwarzlevel ist tief und äußerst detailreich. Selbst kleine Bildelemente lassen sich in dunklen Passagen deutlich ausmachen. Die Kompression hält das Bild absolut stabil. Digitale Artefakte und Hintergrundrauschen konnten nicht festgestellt werden.

TON

Chihiros Reise ins Zauberland

Glücklicherweise wurde neben der recht passablen deutschen Synchronfassung auch der japanische Originalton auf den Silberling aufgespielt. Beide Spuren kommen im Dolby Digital 5.1 Format daher, aber konzentrieren ihre Aktivität hauptsächlich auf die Frontstage. Nur die Musik breitet sich formatfüllend über alle Surroundkanäle aus. Die Dialoge kommen klar und verständlich aus dem Center. An der Soundkulisse wurde aber eindeutig gespart. Da besonders die Szenen im Badehaus nur so von Aktivität wimmeln, hätte die Soundleute eine tolle 360-Grad-Atmosphäre schaffen können. Stattdessen wird die Sounds prominent in die Frontstage gequetscht und vermitteln so nur das halbe Vergnügen. Trotzdem bleibt noch eine ausreichende räumliche Stimmung zurück. Deshalb reicht die Bewertung noch für ein schwaches “Gut”.

EXTRAS

Als grandiose Extras für diesen mit Preisen überhäuften Film bietet Universum leider nur einen französischen (???!!!!!) Trailer und zwei Interviews mit Synchronsprecherinnen Sidonie von Krosigk (Chihiro) und Nina Hagen (Yubaba) an. Beide (Laufzeit jeweils ca. 3 Minuten) kann man getrost vergessen, da hier hauptsächlich Filminhalt wiederholt wird. Trotzdem dürfen beide Voice-Aktricen auch mal direkt am Mikrofon bei der Arbeit beobachtet werden.

FAZIT

Mit diesem Anime hat Altmeister Hayao Miyazaki den endgültigen Durchbruch und die internationale Anerkennung dieses zutiefst japanischen Genres errungen. Meisterliche Zeichenkunst verbunden mit einer erzählerischen Dichte, die ihresgleichen sucht, macht “Chihiros Reise ins Zauberland” zu einem unvergesslichen Erlebnis. Daran kann auch das nur mittelprächte Bild der DVD nichts ändern. Kleine Kinder sollten diesen Film auf keinen Fall alleine schauen. Dringend empfohlen.



Kay Pinno