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REVIEWS



Abenteuer des Baron Münchhausen SE, Die   

Abenteuer des Baron Münchhausen SE, Die
    
Original: Adventures of Baron Munchausen   (USA, 1988)
Laufzeit: 121 Minuten (PAL)
Studio: Sony Pictures
Regie: Terry Gilliam
Darsteller: John Neville, Eric Idle, Sarah Polley, Oliver Reed, Uma Thurman u.v.a.
Format: 1.85:1 Widescreen (16:9)
Ton: DD5.1 Deutsch, Englisch, Fr, Spa, Ung
Untertitel: Deutsch, Englisch, Fr, Spa, Ung u.v.m.
Extras: Kommentar, Making of, Deleted Scenes u.m.
Preis: ca. 15 €
Wertung: 2-/ 2 / 1- (Bild/Ton/Extras)


"Alles Lüge!"

So heißt nicht nur der letzte Kinofilm von Dieter Hallervorden (der tatsächlich “Goodbye Lenin” Jahre zuvor zum Teil vorweg nimmt!!!), sondern der Ausspruch steht für die Qunintessenz von Terry Gilliams “Abenteuer des Baron Münchhausen”. Direkt nach “Brazil” stürzte er sich erneut zusammen mit Python-Gefolgsmann Charles McKeown in ein neues Wagnis. Statt sich aber wieder in die Fänge eines großen Hollywood-Studios wie Universal zu begeben, wollte Gilliam diesmal auf ein anderes Pferd setzen. Das kam aus Deutschland und hieß Thomas Schühly - seines Zeichens Produzenten-Ziehsohn von Bernd Eichinger. Man verstand sich nach einem ersten Treffen besonders gut und beschloss erstmal in Italien und Spanien zu drehen. Künstlerisch sicherlich richtig entschieden, aber finanziell ein Fass ohne Boden, war die Produktion bereits am ersten Drehtag “zwei Wochen zurück und 20 Millionen Dollar über dem Budget!” Es sollten Köpfe rollen und auch der Film beinahe mitten in der Produktion gestoppt werden. Dass “Münchhausen” schließlich doch noch weitestgehend fertiggestellt wurde, darf man sowohl den hartnäckigen “Lügengeschichten” von Schühly als auch Gilliam verdanken. Dennoch hat das so verunglückte Werk deutlichen Schaden gelitten.
Der Rahmen der unglaublichen Geschichte ist allerdings großartig gelungen. Im späten 18. Jahrhundert belagern die Türken eine am Meer gelegene Stadt. Die Belagerung ist lang und blutig und die Bevölkerung hat aufgrund von Nahrungsknappheit gelitten. In dem Tumult spielt eine Theatertruppe zur Zerstreuung ein Stück über den berühmten Baron Münchhausen. Die Vorstellung wird unlängst von einem alten Mann (John Neville) unterbrochen, der behauptet der echte Baron und Schuld an dem Krieg zu sein. In wilden Umblenden zwischen Theaterwelt und Fantasiewelt Münchhausens wechselnd, verrät der Baron die delikaten Details, die den Sultan von Konstantinopel so aufgebracht haben. Doch bevor der Baron seine Geschichte beenden kann, wird das Theater von den türkischen Kanonen zu Klump geschossen. Um der lausigen Situation in der Stadt und den Türken die Stirn zu bieten, fasst Münchhausen einen gewagten Plan. Er will sich mittels eines Ballons aus der Belagerung stehlen, um seine alten Mitstreiter Berthold (Eric Idle), Adolphus (Charles McKeown), Albrecht (Winston Dennis) und Gustavus (Jack Purvis) wiederzufinden.
Ab hier geht Gilliams Film Baden, da die einzelnen Rettungs-Episoden in traumartige Settings ohne erzählerischen Zusammenhalt zerfallen. Was in “Time Bandits” noch großartig funktionierte, wird in “Münchhausen” hart überstrapaziert und zehrt an den Nerven. Besonders die Mond-Episode - stark von den finanziellen Kürzungen der Produktion betroffen - mit Robin Williams als “König von Allem” ist gnadenlos zu lang geraten und zeigt den irren Komiker leider von seiner nervigsten Seite.
Erst nachdem sich das gesamte Quintett wiedergefunden hat und der Kampf gegen die Türken beginnt, nimmt der Film wieder Fahrt zu einem tollen Finale auf.
Gilliam wollte mit “Münchhasen” seine eigene Version der “Unendlichen Geschichte” auf die Leinwand bannen. Er erhebt die Welt des Phantastischen über die reale Welt der Bürokraten, die die Menschen nur für ihre eigenen Zwecke ausbeuten und sterben lassen. Dazu schlägt er dem Zuschauer an passenden Stellen erzählerische Schnippchen, die das Thema Lügengeschichte auch filmisch aufbereiten. Reich an märchenhaften Motiven (Uma Thurmans “Muschelauftritt” dürfte als einer der überraschendsten wie erotischsten Momente der Filmgeschichte gelten) und großartiger Ausstattung weiß “Münchhausen” visuell absolut zu gefallen. Dennoch dürfte der echte Baron Terry Gilliam auch heute noch ordentlich eins über den Scheitel ziehen, wenn er bemerkt, wie erzählerisch schluderig der Regisseur den Hauptteil seiner Abenteuer in den Sand des Mondes gesetzt hat.

BILD

Abenteuer des Baron Münchhausen SE, Die

Der neue anamorphe Widescreentransfer (1.85:1) lässt den Film so gut aussehen, wie es bei dem schwierigen Ausgangsmaterial möglich ist. Generell ist die Vorlage in einem guten Zustand und wurde von Verunreinigungen und Bildfehlern gesäubert. Dennoch zeigt das Ausgangsmaterial wechselnde Anfälle von Grobkörnigkeit und Bildrauschen. Davon sind besonders einzelne Effekte-Aufnahmen mit Modellen und Matte-Paintings betroffen. Auch größere Massenszenen zeigen hier vom Ausgangsmaterial Ermüdungserscheinungen. Dennoch sieht das Bild in den restlichen Szenen ziemlich gut aus. Scharfe und Kontrast sind gut, aber nicht mit aktuellen Titeln zu vergleichen. Die Farben sind generell kräftig, aber neigen in einigen Szenen auch dazu, ein wenig auszuwaschen. Der Schwarzlevel ist solide, aber zeigt ebenfalls leicht milchige Tendenzen. Dennoch bleibt das Bild auch in dunklen Bereichen immer noch detailreich. Die Kompression kommt in verrauchten, dunklen Szenen doch ein wenig ins Schwitzen und zeigt geringe Rauschmuster. Gerade noch so gut.

TON

Abenteuer des Baron Münchhausen SE, Die

Im Gegensatz zum Bild weiß der DD5.1 Track wirklich zu gefallen. Sowohl die Dialoge als auch die Musik wurden gut aufgeräumt und präsentieren sich entsprechend voluminös. Die räumliche Auflösung des Sounds auf den Kriegsschauplätzen ist ebenfalls gut gelungen. Während die Charaktere durch den Pulverdampf stampfen, lassen sich rundherum unheilverkündende Geräusche wahrnehmen. Wenn es schließlich zum Kampf kommt, lassen sich auch hier deutlich die Schüsse, Degenstreiche und Explosionen über die Surroundboxen verorten. Die Dialoge sitzen fest und immer gut verständlich im Centerkanal. Störende Überlappungen oder Tonausfälle konnten nicht festgestellt werden. Hier wurde ein alter Track sehr gut aufgebohrt.

EXTRAS

Terry Gilliam Fans dürfen frohlocken. Nicht nur, dass “Die Abenteuer des Baron Münchhausen” einen Audiokommentar mit dem Regisseur und seinem Mitverschwörer und Drehbuchautor Charles McKeown aufweisen, sondern auch noch die 70-minütige Dokumentation “Wahnsinn & Missgeschicke bei der Produktion von Münchhausen”. Allein für diesen schonungslosen Produktionsbericht lohnt der Kauf des 2-Disc-Sets. Der unglaubliche Enthüllungscharakter entspricht der legendären Dokumentation über Gilliams “Brazil”, die auf der Criterion Edition zu finden ist. Alle wichtigen und noch lebenden Kollaborateure treten vor die Kamera, um ungeschminkt Zeugnis über die tragikomischen Ereignisse der Produktion abzulegen. Als Hauptzeugen geben sich hier Thomas Schühly und Terry Gilliam ordentlich Zunder. Wenn Eric Idle schließlich sein früheres Arbeitscredo verrät, kann man ihn wirklich verstehen: “Ich hatte in meinem Arbeitsleben nur zwei Regeln. Arbeite nie mit Stanley Kubrick oder Terry Gilliam als Regisseur. Das sind sadistische Wahnsinnige!” Alles starker Tobak und dabei äußerst unterhaltsam.
Auch der Audiokommentar liefert viel Wissenswertes, da Gilliam nie Müde wird, auch noch die kleinsten Hintergrunddetails zu erläutern. Sein Gesprächspartner McKeown gibt sich etwas bedeckter und lässt sich von Gilliam auch gerne mal verbal überfahren. Aufgrund der konstanten Fopperei und Insiderjokes der beiden Filmemacher dürften eingefleischte Python-Fans hier deutlich mehr Spaß haben als andere Zuhörer.
Hinter den Storyboards verbirgt sich schließlich noch ein besonderer Schatz. Hier handelt es sich nicht um die übliche willkürliche Aneinanderreihung von einzelnen Szenen, sondern um drei zusammgestrichene Sequenzen, die nicht mehr gefilmt wurden. Diese werden nicht nur von Terry Gilliam und Charles McKeown einzeln vorgestellt, sondern auch selbst vertont! Gilliam und McKeown wechseln sich in bester Python-Manier dabei ab, jeweils die Rollen zu sprechen oder die Soundeffekte zu liefern. Hier ist die komplette ursprünglich geplante Mondsequenz zu finden, sowie die schöne Geschichte mit Münchhausens halbem Pferd! Insgesamt läuft das gesamte Storyboard-Segment 30 Minuten!
Vier tatsächlich gefilmte Szenen, die aus dem Film herausgeschnitten wurden, sind auch noch im Bonusmaterial zu finden. Dabei ist auch Terry Gilliams Cameo im Bauch des Walfischs zu sehen.
Erstaunlicherweise ist der Trailer zum Film nicht auf der Doppelscheibe zu finden.

FAZIT

Mit “Die Abenteuer des Baron Münchhausen” hat Sony den Fans des Films und von Terry Gilliam einen großen Dienst erwiesen. Mit einem soliden Transfer und Killerextras ist die Doppelscheibe für ca. 15 Euro ein echter No-Brainer. Definitv empfohlen!



Kay Pinno