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REVIEWS



Türkische Früchte   

Türkische Früchte
    
Original: Turks fruit   (Holland, 1973)
Laufzeit: 104 Minuten (PAL)
Studio: Eurovideo
Regie: Paul Verhoeven
Darsteller: Rutger Hauer, Monique Van De Ven, Wim Van Den Brink, Tonny Huurdeman, Dolf De Vries u.v.a.
Format: 1.78:1 Widescreen (16:9)
Ton: DD-Mono Deutsch
Untertitel: Deutsch
Extras: Kommentar, Trailer
Preis: ca. 16 €
Wertung: 2-/ 4 / 2- (Bild/Ton/Extras)


"Atemlose Liebesgeschichte"

In den 70-er Jahren war einfach die Hölle los. Die Rebellion der jüngeren Generation gegen die ältere und die Idee von freier Liebe und künstlerischer Entfaltung des Menschen dampfte noch ordentlich nach. Genau in dieser Zeit zog es den damals noch unbekannten holländischen Regisseur Paul Verhoeven ins Kino. Nach Erfahrungen mit Dokumentationen und einer erfolgreichen TV-Serie sollte der Sprung auf die große Leinwand erst im zweiten Anlauf gelingen. Nach "Was sehe ich?", eine Dramatisierung eines Prostituierten-chicksals in Amsterdam, konzentrierte sich Verhoeven 1973 stärker auf andere filmische Wurzeln: "Türkische Früchte" geriet zu einer ganz eigenen Melange aus Godards anarchischem "Außer Atem" und tragischer Liebesgeschichte im Stil von "Love Story" - alles natürlich mit dem Verhoeven üblichen Sinn für Seltsames und Anstößiges. Als Vorlage diente dabei das erfolgreiche fast autobiographische Buch des Künstlers Jan Wolkers.
Dieser heißt im Film Erik und wird von Verhoeven Kollaborateur Rutger Hauer brillant vermessen gespielt. Der freigeistige Bildhauer und Sex-Maniac scheint am Ende zu sein und vegetiert nur noch in seiner versifften Bude herum und ergibt sich in Rachefantasien. Seine große Muse Olga (Monique Van De Ven) hat ihn gedemütigt und für einen wohlhabenden Schnösel sausen lassen. Wie es schließlich dazu kommen konnte erzählt der Film in einer großen Rückblende - aber hört danach dankbarerweise nicht auf.
Aus heutiger Sicht vielleicht noch seltsamer lässt Verhoeven den Zuschauer in die seltsame Welt von Eric eintauchen. Dies besteht zum großen Teil aus obskuren Vergnügungen und einem beinahe kranken Hang zur Selbstverwirklichung und -darstellung. Von gemeinsamer Rebellion gegen die Elterngeneration bis zu sexueller Hörigkeit schwankt die Beziehung von Eric und Olga immer zwischen Extremen. Dabei werden die Risse in dem eigentlich fragilen Bündnis immer deutlich und laufen schließlich aus dem Ruder.
Dass "Türkische Früchte" auch heute immer noch funktioniert und nicht zur unfreiwillig komischen oder gar ärgerlichen Zeitkapsel verkommt, liegt an Verhoevens Gespür für die unterliegenden Themen der Geschichte. Die wilde Ungestümheit von junger Liebe, die schließlich an den eigenen Realitäten zerbrechen muss oder der Erkenntnisprozess in der Beziehung zwischen den Geschlechtern bleibt damals wie heute gültig. Dazu liefert Jan de Bont bereits eindrucksvolle Bilder und unterstreicht subtil den chaotischen Lebenswandel des Pärchens.
Hier bleibt nur zu hoffen, dass Hollywood niemals auf die Idee kommt, "Türkische Früchte" zu "modernisieren". Dieser Klassiker ist zeitlos krude und schön zugleich.

BILD

Türkische Früchte

Der anamorphe Widescreen-Transfer (1.78:1) stammt von einer soliden Vorlage, aber kann das Alter des Films nicht ganz verstecken. Das Ausgangsmaterial ist allerdings so gut wie fehlerfrei und ohne Verunreinigungen. Dennoch erinnert einen das gröbere Filmmaterial daran, dass der Film bereits fast 40 Jahre alt ist. Schärfe und Kontrast sind besonders bei den Außenaufnahmen deshalb nicht immer erste Sahne. Dennoch ist der Gesamteindruck immer noch recht gut. Die Farben sind sogar ziemlich kräftig, aber wirken trotzdem immer natürlich. Dies ist sicherlich auch Kameramann Jan de Bont zu verdanken, der sich im Film hauptsächlich natürlicher Beleuchtung bedient. Der Schwarzlevel ist tief und ausreichend detailreich. Die Kompression arbeitet sauber und liefert einen stabilen und flimmerfreien Gesamteindruck. Gut.

TON

Türkische Früchte

Der Ton liegt nur in Form eines deutschen Monotracks vor. Dieser ist relativ aufgeräumt und lässt nur wenig vom Alter des Films erahnen. Das Grundrauschen wurde auf ein Minimum reduziert. Die Dialoge sind durchweg gut verständlich, während die restliche Soundkulisse ebenfalls nicht im Hintergrund absäuft. Eine Surroundaktivität findet natürlich nicht statt. Dennoch lässt sich der Film gut über eine Multikanal-Stereo Funktion der heimischen Anlage anhören. Störende Überlappungen oder Knackser sind nicht vorhanden.

EXTRAS

Das große und wichtige Extra der Scheibe ist der Audiokommentar von Paul Verhoeven, der sich sehr detailliert an die Produktion des Films zurückerinnert. Dabei geht er auch inhaltlich stark ins Detail und analysiert fleißig die nicht so offensichtlichen Themen des Films ganz hervorragend. Zusätzlich versehen mit vielen Produktionsinfos und kruden Geschichten von den Dreharbeiten ist der Track ein absolutes Pflichtprogramm.
Ansosnten ist leider nur ein Trailer zum Film vorhanden.

FAZIT

"Basic Instinct" oder "Showgirls"? Paul Verhoeven hatte bereits in seinen frühen Jahren einen starken Hang zu sexuell aufgeladenen Themen, in denen die Beziehung zwischen Männer und Frauen in voller Nacktheit beleuchtet wurden. "Türkische Früchte" bleibt auf diesem Gebiet ein zeitloser Klassiker, der auf dieser DVD von Eurovideo einen würdigen Platz gefunden hat. Empfohlen.



Kay Pinno