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REVIEWS



Lost Boys 2   

Lost Boys 2
    
Original: The Lost Boys 2: The Tribe   (USA, 2008)
Laufzeit: ca. 90 min
Studio: Warner Home Video
Regie: P.J. Pesce
Darsteller: Alexander Calvert, Angus Sutherland, Autumn Reeser, Corey Feldman u.v.a.
Format: 16:9 (1.78:1)
Ton: DD 5.1 Deutsch, Englisch, Spanisch
Untertitel: Deutsch für Hörgeschädigte, Englische für Hörgeschädigte, NL u.a.
Extras: Musikvideos, Edgar Frogs Anleitung zum Wiederlebendigwerden, Action-Junkies, zwei alternative Enden
Preis: ca. 15 Euro
Wertung: 3+/ 2-/ 2- (Bild/Ton/Extras)


"Sie haben dich aalglatt gepfählt, Lost Boy!"

„Lost Boys“. Ältere Semester erinnern sich: 1987. Pastellfarben waren angesagt, Männer trugen Vokuhila-Frisuren (VOrne KUrz HInten LAng), Michael Jackson hatte noch eine Nase, Helmut Kohl regierte den Westteil Deutschlands und kurbelte die Saumagenverwertung an, Horrorfilme erschienen nur auf Video und waren in der Regel zensiert – während ein ehemaliger Schauspieler namens Ronald Reagan derweil im Weißen Haus darüber sinnierte, warum ein kleiner, kugelköpfiger Russe namens Gorbatschow keine Lust mehr auf Kalte-Kriegs-Spielchen hatte. Im Kino galten Teenie-Filme als angesagt. Komödien wie „Ferries macht blau“ spülten Millionen von grünen Dollarscheinen in die Taschen der Produzenten, was durchaus als bedenklich betrachtet werden muss, denn die Qualität dieser Filme darf als höchst durchwachsen betrachtet werden.

Es gab Filme wie eben „Ferris macht blau“, eine Gesellschaftssatire im Gewand eines Jugendfilmes. Dieser Film funktioniert heute noch als wunderbare Nachmittagskomödie und gilt als wunderbarer Klassiker des Jugendfilmgenres; aber es gab eben auch die vielen anderen, die mit „cooler“ Musik, aktueller Mode und nicht ganz unansehnlichen Hauptdarstellerinnen und Hauptdarstellern auf den schnellen Dollar ausgerichtet waren und vor allem den Konsum propagierte. Tja, und in einem Umfeld wie diesem ließ ein Vampirfilm, produziert von einem großen Hollywoodstudio wie Warner, nicht viel Gutes erahnen. Natürlich, die 80-er Jahren gelten gemeinhin auch als das zentrale Zeitalter des Teenhorrorfilms. Filme wie „Nightmare on Elm Street“ gelten vollkommen zurecht als Genreklassiker und haben Legionen von Filmemachern inspiriert. Vor allem im Teenhorrorgenre durften Filme dreckig und gemein sein. Jedoch „Lost Boys“ mit seinem coolen Outfit, seinem auf Charterfolg produzierten Soundtrack und all den Darstellern, die man aus vielen anderen Teeniefilmen her kannte – da schrie doch alles nach einer gelackten Studioproduktion ohne Seele und ohne Mehrwert.
Wer so dachte und den Film daher mit Missachtung strafte, verpasste eine wahre Überraschung, denn hinter der polierten Platte des hippen Teeniehorrorfilmes verbarg sich ein düsteres Werk über Verlorensein, Einsamkeitsängste und wahre Liebe.
Es ist die Geschichte von Sam und Michael Emerson, die mit ihrer frisch geschiedenen Mutter in eine kalifornische Küstenstadt ziehen. Hier lernen sie die Clique von David (großartig: Kiefer Sutherland) kennen. Davids Clique, das sind Außenseiter, die sich der pastellfarbenen kalifornischen Sonnenwelt nicht anpassen wollen. Die Jungs sind von David fasziniert. Allein die Gebrüder Frog, zwei recht seltsame Jungspunde, die sich selbst als Vampirjäger bezeichnen, erkennen, dass David ein Wesen der Nacht ist.

Peter Pan ist ein Vampir. Das ist letztlich die Grundprämisse von „Lost Boys“ – und genau dies macht den Film so faszinierend, denn sein Spiel mit ganz konkreten Ängsten – die Angst vor dem Erwachsenwerden, die Angst davor, nie wirklich zu leben und zu lieben, sondern in einer Masse von konformistischen Gleichschrittgängern die eigene Individualität zu verlieren – Regisseur Joel Schumacher visualisierte 1987 diese konkreten Ängste im Rahmen eines ungewöhnlichen Horrorspektakels, in dem vor allem die Figur des David Nachhall erfährt. David ist abstoßend und faszinierend zugleich, bösartig und doch ein Verlorener, Täter und Opfer.

Die Messlatte für eine Fortsetzung lag hoch und es hat 21 Jahre gedauert, bis tatsächlich „Lost Boys 2“ im Juli 2008 in den USA auf DVD erschien um dann einige Monate später auch in Deutschland seine Premiere zu erleben. Doch schon der Einstieg in die Geschichte irritiert. Die Hauptfiguren, Chris und seine jüngere Schwester Nicole sind nämlich Waisen, denen ein Unfall die Eltern genommen hat. Das ist tragisch, aber es stigmatisiert die beiden gleich zu potenziellen Opfern. Das Original von 1987 - mit der geschiedenen Mutter - blieb weitaus näher an der Realität verhaftet als die Überstilisierung der beiden Protagonisten des neuen Filmes, die aufgrund ihres persönlichen Schicksals von Anfang an eine Art Heiligenschein tragen, der es unmöglich macht, ihren Figuren Schärfe zu verleihen. So verläuft die Geschichte denn auch in so vorhersehbaren Bahnen, dass der Genrefan fast verzweifelt auf eine Überraschung wartet: Nicole und Bruder Chris geraten in den Dunstkreis von düsteren Jungs. Die sind, ach was, Vampire - und Nicole wird gebissen. Nun muss Chris alle Vampire pfählen, um Nicole vor der Verwandlung zu bewahren.
Das alles ist in etwa so neu wie die Einführung tiefgekühlter Pizza im Supermarkt an der Ecke und schmeckt ungefähr auch so. Letztlich ist die gesamte Grundhandlung weniger eine Fortsetzung als ein Remake des Originals, nur ohne dessen scharfe Charakterzeichnungen. „Lost Boys 2: The Tribe“ ist genau das, was die Horrorfilmfans 1987 bereits befürchteten: Eine aalglatte Studioproduktion. Erlebten die Genrefans 1987 eine faustdicke Überraschung - wurden ihre Befürchtungen 2008 bestätigt.

BILD

Lost Boys 2

Es überwiegen die Blautöne. Wahrscheinlich, weil rotes Blut auf Blau recht beeindruckend aussehen kann. Das Problem des Transfers: Die Nachtszenen. Nun haben Vampirfilme die Angewohnheit, oft zu nachtschlafender Zeit zu spielen. Man kennt diese Geschichte: Der Vampir ist ein Nachtwesen, er erträgt die Sonne nicht, Sonnenlicht bringt ihn um - folglich bevorzugt er die Dunkelheit. Die Vampire in "Lost Boys 2" machen da keine Ausnahme. Bedauerlicherweise wirkt das Bild der DVD stets ein bisserl zu dunkel, was gerade in den Nachtszenen hin und wieder enervierend wirkt. Hier und da gehen da schon einmal Details im Bild verloren.
Die harten Kontraste lassen darüber hinaus die Tageslichtaufnahmen oft einen Tick zu grell erscheinen.

TON

Lost Boys 2

Die Klangkulisse ist sauber. Die Abmischung stimmt, allerdings muss zwischen der deutschen und der amerikanischen Tonspur unterschieden werden. Die deutsche Spur ist absolut klar, die Stimmen wirken etwas dominanter als die Soundeffekte. Auf der englischsprachigen Spur verschwimmen Stimmen und Effekte von Zeit zu Zeit, nicht immer lässt sich auf Anhieb orten, von woher ein Geräusch gerade kommt.
Den in die Jahre gekommenen Zuschauer schlägt allerdings schnell der Soundtrack des Filmes aufs Zwerchfell. Auf düster getrimmter Gothik-Rock von Bands aus der dritten Liga. Schade, dass sich dieser Soundtrack nicht abschalten lässt.

EXTRAS

Nun, da gibt es tatsächlich ein nettes Filmchen mit Corey Feldman, das eine besondere Erwähnung verdient. Corey Feldman, Darsteller des Vampirjägers Edgar Frog, gibt nämlich eine Anleitung zum Thema Wiederauferstehung. Das ist humorig und ein gelungenes, wenngleich mit fünf Minuten Laufzeit eigentlich viel zu kurzes Exta. Zwei alternative Enden zeigen auf, dass es nicht schaden kann, hier und da etwas zu experimentieren, denn das schließlich verwendete Ende stellt sich als die beste Wahl heraus.
Eine Featurette über die Arbeit des Stunt-Choreografen gehört ebenso zur Ausstattung der Extras wie vier Musikvideos. Für eine reine DVD-Premiere gibt es also ordentlich was zu sehen.

FAZIT

Diese verlorenen Jungs kommen mit stumpfen Zähnen daher. Ein verquastes Quasi-Remake ohne Biss auf einer eher mittelprächtigen DVD.



Christian Lukas