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REVIEWS



Watchmen - Tales of the Black Freighter   

Watchmen - Tales of the Black Freighter
    
Original: Watchmen - Tales of the Black Freighter   (USA, 2009)
Laufzeit: ca. 60 min
Studio: Paramount
Regie: Daniel Delpurgatorio, Mike Smith
Darsteller: Gerard Butler, Jared Harris
Format: 2,35:1 (16:9) / 4:3
Ton: DD 5.1 Deutsch, Englisch, französisch
Untertitel: Deutsch, Englisch, etc.
Extras: Dokumentationen, Watchmen Motion Comic 1
Preis: ca. 15 Euro
Wertung: 2-/ 2 / 1+ (Bild/Ton/Extras)


"Zwei Filme auf einem Silberling!"

Eine gewisse Geschäftstüchtigkeit lässt sich Paramount nicht abstreiten. Statt "Watchmen - Tales of the Black Freighter" als Bonus zur "Watchmen"-DVD zu legen, wo die Geschichte eigentlich hingehört, wird "Tales of the Black Freighter" auf einem separaten Silberling vermarktet. Und was tun die Fans? Richtig, sie geben für das Extra Extrageld aus. Ein schlechtes Gewissen muss im Hause Paramount deswegen niemand haben, dafür hat freundlicherweise die FSK gesorgt. Während sie "Watchmen" mit einer akuraten 16-er Freigabe versah, drückte sie "Tales of the Black Freighter" das hässliche Rotsiegel ab 18 aufs Cover. Läge "Tales of the Black Freighter" also als Extra den "Watchmen" bei - dürfte diese Box nicht mehr an 16- und 17-jährige Filmfreunde verkauft werden, es zählt stets die höchste Freigabe.

Aber - was ist eigentlich "Tales of the Black Freighter"?
Die Erklärung findet sich im "Watchmen"-Comic von Alan Moore (Text) und Dave Gibbons (Zeichnungen) aus dem Jahre 1986. Als die beiden Autoren ihren bahnbrechenden Comic auf die amerikanische Leserschaft losließen, demontierten sie nicht nur den Superheldenkult und schufen eine ätzende Sozialsatire, die ganz nebenbei auch noch als atemberaubende Spannungsgeschichte funktioniert - sie erschufen außerdem noch ein Comic im Comic. In der Geschichte der "Watchmen" nämlich gibt es eine Nebenhandlung, die von einem jungen Comicfan und einem Zeitschriftenverkäufer erzählt. Der Junge liebt die "Tales of the Black Freighters" - eine Piraten-Comicserie, die von einem Seemann berichtet, der unverschuldet in Gefahr gerät. Sowohl im Comic als auch in den Gesprächen, die der Junge und der Zeitschriftenhändler führen, werden die Geschehnisse von "Watchmen" kommentiert.

"Watchmen"-Regisseur Zack Snyder verzichtete in seinem Film auf die Nebenhandlung am Zeitschriftenstand - keinesfalls aber verzichtete er darauf, die Geschichte des Black Freighters zu verfilmen (wenngleich auch nur als Produzent). Ursprünglich sollte sie als Realfilm im Inszenierungsstil von "300" sogar in die Spielfilmhandlung integriert werden, mit einem berechneten 20-Mio-Dollarbudget aber hätte die Piratengeschichte das gesamte "Watchmen"-Projekt gesprengt. Also produzierte Snyder letztlich einen Animationsfilm, der in seiner Darstellung von Blut, Tod und Brutalität manche Grenzen übeschreitet. "Tales of the Black Freighter" als Realfilm - und eine FSK-Freigabe wäre so wahrscheinlich gewesen wie ein Sieg der Fußballnationalmannschaft Andorras bei der nächsten WM.

"Tales of the Black Freighter" erzählt die Geschichte eines Schiffskapitäns des ausgehenden 18. Jahrhunderts, dessen Schiff von Piraten versenkt worden ist. Nur er hat das Massaker überlebt. Zusammen mit den Leichen seiner Männer wird er an den Strand einer unbewohnten Insel gespült. Während seine Männer langsam verfaulen und verrotten, macht ihn der Gedanke, dass die Piraten seine Heimatstadt angreifen könnten, fast wahnsinnig. Als ihm das Schicksal ein intaktes Segel in die Hände spielt, fasst er einen kühnen Plan: Er baut ein Floß aus den toten Leibern seiner Männer. Dass er nach und nach dem Wahnsinn verfällt, versteht sich da fast von selbst.

"Tales of the Black Freighter" ist, milde ausgedrückt, ruppig. Nicht nur die Idee, auf einem Floß aus Leichen eine Seefahrt ins Ungewisse anzutreten, wirkt, nun ja, unangenehm; ob Haiangriffe, Wahnvorstellungen, platzende Gedärme oder vollkommene Einsamkeit: Die beiden Regisseure Daniel Delpurgatorio und Mike Smith ersparen ihren Zuschauern keine Ängste oder Widerlichkeiten. Bei alledem aber begehen sie einen Fehler: Sie vergessen dem Film einen wirklichen Spannungsbogen zu verleihen. Widerlichkeiten alleine ergeben eben keine knisternde Spannung. Und so ahnt selbst der Zuschauer, der die Comicvorlage nicht kennt, nach etwa der Hälfte der Spielzeit, auf welche Schlusspointe die Geschichte hinauslaufen wird.

Dies ist ärgerlich. Aber es sollte nicht vom Kauf der DVD abhalten. Warum? Nun, erstens ist die Geschichte hervorragend gezeichnet, visuell ist "Tales of the Black Freighter" ein Hingucker. Und dann wäre da noch "Under the Hood". Das Extra zum Extra quasi, das daher auch unter den Extras vorgestellt wird!

BILD

Watchmen - Tales of the Black Freighter

Die Farben (die gesamte Farbdramaturgie setzt auf Schwarz und Rot) sind von einer bewundernswerten Klarheit. Das Bild kennt keine Grautöne, Schwarz ist Schwarz. Und genau so soll es sein.

Allerdings ist das Bild leider einen Tick zu dunkel im Transfer ausgefallen. Eben weil die Zeichner keine Grautöne verwendet haben, ist "Tales of the Black Freighters" ungemein konturreich ausgefallen. Jede Hautfalte im Gesicht des Kapitäns ist klar zu erkennen: den klaren Konturen stehen jedoch Bildbereiche gegenüber, die in der zu dunkel ausgefallenen Abtastung untergehen.

Das alles klingt schlimmer als es ist und auf einem Plasmaprotzbildschirm dürften diese Unregelmäßigkeiten kaum ins Gewicht fallen, auf einem eher einfachen (Röhren-)Bildschirm aber lassen sie sich nicht vertuschen.

TON

Watchmen - Tales of the Black Freighter

Ein angenehmes DD 5.1 sprudelt aus den Boxen, es empfiehlt sich die englische Tonspur zu goutieren, auf der Gerard Butler den Kapitän spricht. Zwar wartet man darauf, dass er irgendwann schreit, "We - Are - English", aber man, hat der Mann eine Stimme.

EXTRAS

Kommen wir also zu "Under the Hood": "Watchmen" basiert auf der Idee, dass das Superheldentum in den 1940-er Jahren ganz real das Licht der Welt erblickte. Und seither haben Superhelden die amerikanische Geschichte mitbestimmt. Allerdings haben sie sich nicht nur Freunde gemacht. Als Vigilanten haben sie - ohne jemals dazu autorisiert worden zu sein - das Gesetz in ihre eigenen Hände genommen. Einige von ihnen sicher aus ehrbaren Gründen, andere indes taten es, um unter dem Gewand des Helden dunkelste Triebe ausleben zu dürfen. In der Quasirealität des Comics, die 1985 beginnt, ist das Superheldentum daher inzwischen vom Senat der Vereinigten Staaten verboten worden.

An genau diesem Punkt setzt "Under the Hood" ein. "Under the Hood" ist nichts anderes als eine Fakedokumentation "aus dem Jahre 1985", in der ein amerikanischer TV-Journalist namens Larry Culpeper an eine Sendung aus dem Jahre 1975 erinnert, in der er, der Starreporter, Holis Mason interviewt hat. Holis Mason ist niemand anderes als Nite Owl, ein Superheld der ersten Stunde, der nicht nur als Rächer Furore machte, sondern auch als Buchautor, der 1975 seine Identität lüftete und einen Enthüllungsroman über das Treiben der Superhelden veröffentlichte.

Nicht nur dem "Watchmen"-Fan wird es einen Heidenspaß bereiten, dieser vollkommen durchgedrehten "Dokumentation" zu folgen, auch die Mitwirkenden vor und der hinter der Kamera liefern eine großartige Arbeit ab. Viele Nebendarsteller des Spielfilms, wie Matt Frewer und Carla Gugino, stehen hier im Mittelpunkt und verleihen ihren Charakteren eine ungeahnte Tiefe, aber auch die Filmtechniker haben wirklich mit Akribie ihre Arbeit erledint. So sehen die Farben der Doku aus, als sei diese Doku, nun ja, rund 25 Jahre alt. Da sind einige Farbkontraste etwas blass geworden, Lichter hinterlassen oft Bewegungsspuren im Bild, Videomaterial aus den 1980-ern hinterlässt tatsächlich solche Altersspuren. Aber: Die Dokumentation umfasst ja nicht nur "Bildmaterial" aus dem Jahre 1985, nein, die Interviews stammen ja wiederum aus dem Jahre 1975. Und dieses Filmmaterial sieht entsprechend anders als das aus dem Jahre 1985 aus.
Dass die Dokumentation dann auch noch dreimal für Werbung unterbrochen wird (unter anderem vom durchaus realen Uhrenhersteller Seiko, der Werbung für eine neue Uhrengeneration macht, die bald die herkömmlichen Uhren verdrängt haben wird - Digitalarmbanduhren nämlich) - das ist einfach nur großartig, denn so, und zwar wirklich genau so haben 1985 TV-Werbungen ausgesehen.

Der Fake ist fast realer als die Realität, die Illusion perfekt!

"Under the Hood" ist mehr als ein wunderbar gestaltetes Extra, es ist der Hauptgrund dafür, warum diese DVD in keinem Regal neben der regulären "Watchmen"-Disk fehlen darf!

FAZIT

Allen Vermarktungsstrategien zum Trotz - hinter diesem DVD-Titel verbirgt sich kein Schnellschuss, sondern ein eigenständiges Kunstwerk, das für sich allein genommen existieren kann. Dass das Extra die eigentliche Attraktion schlägt, entbehrt allerdings nicht einer gewissen Ironie.

Alle verwendeten Bilder: Copyright Paramount



Christian Lukas