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REVIEWS



Familie Buchholz   

Familie Buchholz
    
Original: Familie Buchholz   (Deutschland, 1944)
Laufzeit: ca. 87 Min.
Studio: Black Hill Pictures
Regie: Carl Froelich
Darsteller: Henny Porten, Grethe Weiser, Elisabeth Flickenschildt, Gustav Fröhlich
Format: Vollbild 4:3
Ton: DD 2.0 Mono Deutsch
Untertitel: --
Extras: ---
Preis: ca. 13 Euro
Wertung: 3 / 3 / 5 (Bild/Ton/Extras)


"Nicht ganz ein Propaganda-Film...."

1944. Während deutsche Städte in Trümmer fielen und Europa in Flammen stand, drehte man in Babelsberg fröhliche Komödien, ganz so, als wäre alles in bester Ordnung und millionenfacher Mord, Vertreibung, Zerstörung nur ein böser Traum. So entstand auch die Komödie „Familie Buchholz“ in einer von der Realität angekapselten Welt mit dem ehemaligen Stummfilmstar Henny Porten in der Hauptrolle.
Hinter der Kamera der im Berlin des ausgehenden 19. Jahrhunderts angesiedelten Komödie stand Carl Froelich, seit 1933 Mitglied der NSDAP und seit 1937 Präsidenten der Reichsfilmkammer. Ein Parteigänger, der dennoch bereits in den 1920-er manch einen künstlerischen Erfolg hatte vorweisen können und zu dieser Zeit oft mit Henny Porten arbeitete. Ob er der Ideologie der Nazis tatsächlich nahe stand oder ob er nach 1933 lediglich die Gunst der Stunde nutzte, eine Lücke auszufüllen, die die emigrierten Regie-Asse hinterlassen hatten – darüber lässt sich letztlich nur spekulieren.
Zwischen 1933 und 1945 drehte er auf jeden Fall erfolgreiche Filme der unterschiedlichsten Genres. Und nicht nur harmlose Unterhaltungsware. Sein Zarah-Leander-Starvehikel „Heimat“ erhielt 1938 etwa das Prädikat „Staatspolitisch und künstlerisch wertvoll", seine Maria-Stuart-Biografie „Das Herz der Königin“ enthielt klar antibritische Tendenzen.
„Familie Buchholz“ passt jedoch nur bedingt in dieses unerquickliche Ouevre. Schon die Besetzung muss den Kulturpolitikern in Berlin ein Dorn im Auge gewesen sein: Henny Porten galt in Babelsberg als unerwünschte Person. Die in Magdeburg geborene und in Dortmund aufgewachsene Schauspielerin gilt heute allgemein als der erste echte weibliche Filmstar, den das deutsche Kino hervorgerbacht hat: Bereits vor dem Ersten Weltkrieg avancierte sie in jungen Jahren zur begehrten Leinwandschönheit und entwickelte sich in den 1920-er Jahren zu einer hoch geachteten Charakterdarstellerin. Da sie sich 1933 weigerte ihren jüdischen Ehemann zu verlassen, wurde sie jedoch nur noch sporadisch mit Nebenrollen bedacht. Bis ihr Froelich die Hauptrolle der „Familie Buchholz“ übertrug.

Henny Porten ist Wilhelmine Buchholz, eine resolute Großbürgerin des ausgehenden 19. Jahrhunderts – und eine der bekanntesten Moralistinnen ihrer Zeit. Als kaisertreue Bürgerin lebt sie mit jeder Pore das Wilhelminische Zeitalter - ohne Wenn und Aber. Sie schreibt sogar Aufsätze über den rechten Benimm. Daher ist sie gar nicht darüber erfreut dass ihre Tochter keinesfalls warten möchte, bis Mama den richtigen Mann für sie auserkoren hat – sondern sich in Emil verliebt, einen Jüngling, dem man seine Lotterhaftigkeit doch schon an den Augen ablesen kann. Mein zumindest die resolute Wilhelmine.

So harmlos die Komödie auf den ersten Blick erscheinen mag, immer wieder karikiert der Film das Wilhelminische Zeitalter als aufgeblasenen, holen Bombast. Aber nicht nur das. Vor allem Henny Porten spielt eine äußerst ungewöhnliche Figur: Sie, die sich so aufopferungsvoll um ihre Töchter kümmert – ist in Wahrheit allein auf äußerliche Oberflächlichkeiten fixiert, auf den schönen Schein bedacht und sogar intrigant veranlagt. Sie, die anständige deutsche Frau – ist alles andere als ein leuchtendes Vorbild.

Sicher, Henny Porten belässt es bei Andeutungen und Anspielungen, „Familie Buchholz“ ist ein nettes Unterhaltungsfilmchen, jede Episode der „Desperate Housewives“ zeigt heute im Prolog ganz andere Abgründe als jene, die sich in der Figur der Frau Buchholz auftun. Beachtet man jedoch den politischen Hintergrund, vor dem diese Komödie entstand, sind ihre satirischen Tendenzen jedoch ebenso überraschend wie die Tatsache, dass mit „Neigungsehe“ nur wenige Monate nach dem Kinostart eine Fortsetzung in die Lichtspielhäuser kam, deren Handlung dem Original recht nahe kommt – und in einem Punkt sogar noch weiter geht: Wilhelmine Buchholz’ jüngere Tochter nämlich wählt gar einen unangepassten Künstler zum Manne. Leider nimmt „Neigungsehe“ jedoch eine recht vorhersehbare Entwicklung, ohne Henny Porten die Möglichkeit zum großen Spiel zu geben.
Dass in die „Familie Buchholz“ durchaus antibürgerliche Tendenzen hineingelesen werden können, belegt übrigens ein Schmankerl in Bezug auf die TV-Premiere des Spielfilms: Er feierte diese nämlich nicht in der ARD oder dem ZDF – sondern im Fernsehen der DDR!

BILD

Familie Buchholz

Der Transfer geht in Ordnung. Die Schwarzweißwerte sind klar und konturreich, ein kleines bisschen zu hell fallen sie möglicherweise aus, aber dies ist ein Film aus dem Jahre 1944. Dafür hat er sich gut gehalten. Hier und da tauchen zwar mal kleinere Unebenheiten auf, aber diese können letztlich vernachlässigt werden. Alles in allem kann man von einem Film wie diesem nicht mehr erwarten.

TON

Familie Buchholz

Der Ton ist etwas grell, was aber auch an der Aufnahme aus dem Jahre 1944 liegt. Er wirkt recht atmosphärisch, ein Rauschen lässt sich dennoch nicht verbergen. Das aber fällt vergleichsweise harmlos aus. Wer einen DTS-Sound erwartet, ist auf der falschen DVD! Abstriche zu heutigen Hörgewohnheiten lassen sich nun einmal nicht vermeiden.

EXTRAS

Da gibt es leider nichts aus irgendwelchen Archiven. Schade, da Henny Porten eine hoch interessante Frau gewesen ist, die sicher eine Wiederentdeckung verdient hätte.

FAZIT

Eine an sich harmlose Komödie mit einer herausragenden Hauptdarstellerin. Auch die Fortsetzung "Neigungsehe" ist in ähnlicher Qualität auf DVD erhältlich.



Christian Lukas