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DVDrome - das Blu-Ray und DVD Online-Magazin

REVIEWS



Whiteout   

Whiteout
    
Original: Whiteout   (USA, 2008)
Laufzeit: ca. 97 Min. (PAL)
Studio: Warner
Regie: Dominic Sena
Darsteller: Kate Beckinsale, Tom Skerritt, Gabriel Macht
Format: 2.40:1 Widescreen (16:9)
Ton: DD 5.1 Deutsch, Englisch, Spanisch
Untertitel: Deutsch, Spanisch, Englisch (für Hörgschädigte), u.a.
Extras: Deleted Scenes
Preis: ca. 13 Euro
Wertung: 3 / 2-/ 3- (Bild/Ton/Extras)


"Was schief gehen konnte..."

Ein eher zufälliger Blick auf die kleingedruckten Credits auf dem DVD-Cover ließen nichts Gutes erahnen. Es ist normal, dass der Schnittmeister (= Editor) in den Credits Erwähnung findet. Der Schnitt ist ein spezifisches künstlerisches Mittel des Filmes, es findet in keiner anderen Kunstform eine Entsprechung. Der Schnitt – oder besser: die Montage – entscheidet nicht selten über die Wirkung eines Filmes. Manch ein Film wurde erst am Schnittplatz zum Meisterwerk, manch ein Kinowerk wurde auf ihm verschnitten - und wieder andere mussten an diesem Platz gerettet werden. So wie man „Whiteout“ an diesem Platz zu retten versuchte? Neben den Editor des Filmes, Martin Hunter, vermerken die gedruckten Credits einen Supervising Editor. Einen Supervising Editor? Wie soll man diesen Titel übersetzen? Die deutsche Verwaltungssprache würde ihn vermutlich einen „beratenden Schnittbevollmächtigten“ nennen. Ein Supervisor ist im Allgemeinen ein Mitarbeiter in einer beratenden Funktion. Jedoch: Der Begriff „Supervising“ wird in der Filmsprache Hollywoods gerne bemüht, wenn man die tatsächliche Aufgabe eines Honorarempfängers verschleiern möchte. Und in diesem Fall ließ die Nennung eines Supervising Editors nichts Gutes erahnen. Als Supervising Editor von „Whiteout“ wird nämlich Stuart Baird genannt – und der ist nicht irgend ein Cutter. „Casino Royal“ hat er montiert und damit das James-Bond-Franchise maßgeblich neu mitgestartet. 1978 schnitt er „Superman“, erhielt dafür eine Oscarnominierung und legte in gewisser Weise den Grundstein für den Schnitt von Superheldenfilmen. Er montierte „Lethal Weapon I + II“ und setzte Maßstäbe für die Montage von Actionfilmen, vor allem aber inszenierte er selbst drei ansehnliche Filme. „Einsame Entscheidung“, „Auf der Jagd“ und „Star Trek: Nemesis“. Zugegeben, über den letztgenannten Film scheiden sich die Geister, aber „Nemesis“ sieht zumindest gut aus und belegt ein handwerkliches Geschick. Der gebürtige Brite ist ein Mann, der seine Spuren im Filmgeschäft hinterlassen hat, wenn er also als „beratender Schnittbeauftragter“ ins Studio gebeten wird – dampft es gewaltig!

Zugegeben, die Einleitung ergeht sich in Kaffeesatzleserei. Half Stuart Baird nur einem befreundeten Cutter aus, um einem Film ein wenig Schliff zu verleihen? Oder wurde Baird vom Studio eingekauft, um Regisseur Dominic Sena zu ersetzen, was durch den viel- und doch so nichtsagenden Titel „Supervising Editor“ verschleiert werden sollte? Eine Antwort können letztlich nur die Beteiligten liefern, die aber schweigen sich aus.
Tatsache ist: „Whiteout“ ist ein schlechter Film. Ein Film, der Potenzial besitzt, aber mit diesem Potenzial nichts anzufangen weiß. „Whiteout“ spielt nämlich am Südpol – ist aber weder ein Expeditions- oder Horrorfilm, sondern ein Thriller! Es geht nämlich um einen Mord im Ewigen Eis, dem ersten Mord überhaupt. Kate Beckinsale ist U.S. Marshal Carrie Stetko. Ihr Job ist es die Sicherheit der Amundsen-Scott-Station zu gewährleisten. Ein ruhiger Job, der normalerweise darin besteht, Streitereien unter Polarforschern zu klären, die sich gegenseitig mit Niggeligkeiten nerven. Bis eine Leiche im Eis auftaucht und schon ein Blick auf den Fundort verrät, dass der Tote keinesfalls einem Unfall zum Opfer gefallen sein kann.
Basierend auf Greg Ruckas grafischer Novelle „Whiteout“ erfriert der von Dominic Sena inszenierte Spielfilm im Ewigen Eis. Sena entstammt der Generation der Werbe- und Videoclipregisseur, die ab Mitte der 1990-er Jahre Hollywood aufmischten und als Zukunft des Hollywoodkinos galten. Doch es hat seine Gründe, warum die meisten Regisseure dieser Dekade inzwischen wieder kleine Brötchen backen. Von Ausnahmen abgesehen – wie etwa Michael Bay und David Fincher – haben die meisten dieser Regisseure einfach nie verstanden, dass visuelle Virtuosität alleine nicht ausreicht, um Spannung zu erzeugen. Und „Whiteout“ ist ein tragisches Beispiel für dieses Nichtverstehen. Die Schauspieler irren planlos durch die Kulissen. Sie gehen von Ort A nach B nach C – so wie ein Essener mal eben nach Bochum und weiter nach Dortmund fahren würde. Selbst der titelgebende „Whiteout“, ein Sturmphänomen, gegen das ein Hurrikan wie ein laues Herbstlüftchen wirkt, bleibt ein Ereignis, über das viel gesprochen wird, das aber nie ein Gefühl der Gefahr erkennen lässt. Wenn solch ein Sturm dann tatsächlich auftaucht, kommt er keinesfalls überraschend oder doch zumindest bedrohlich daher – nein, er kommt, weil er im Titel genannt wird. Dramaturgisch ist er ebenso wenig notwendig wie die Einführung eines UN-Ermittlers (Gabriel Macht), der mehr weiß als er zugibt – auch wenn sich nicht eine Sekunde lang erschließt, warum er der Gesetzeshüterin Informationen vorenthält. All das soll nur einen Plot über die Zeit retten, der sich als grafische Novelle vielleicht gut lesen lässt, jedoch auf Film gebannt keinerlei Funken fliegen lässt. „Whiteout“ ist einfach sterbenslangweilig.

BILD

Whiteout

Der Transfer fällt solide aus, wenngleich auch nicht überragend. Über dem gesamten Film liegt ein leichter Blauschleier, was bei den Außenszenen durchaus einen Sinn ergibt, da der bläuliche Kontrast die Schneelandschaft schärft und erkennbar macht. Es besteht bei Filmen, die im Eis spielen, stets die Gefahr einer Überblendung, Kontrastierungen gehen im Weiß verloren. Das ist in diesem Film nicht der Fall. Allerdings legt sich der Schleier auch über die Innenaufnahmen. Der Blauton ist ein Stilmittel, der im Kino oder bei einer Beamerprojektion gut aussehen mag, auf dem TV-Bildschirm wirkt das Bild dadurch jedoch etwas blässlich. Eine dem Medium entsprechende Bildbearbeitung wäre wünschenswert gewesen.

TON

Whiteout

Der deutsche Ton wirkt "lustlos". Die Stimmen sind klar, die Außengeräusche kommen solide aus den Boxen, doch es fehlt dem gesamten Film an Atmosphäre. Der Ton ist viel zu klinisch, auch und gerade bei den Außenszenen. Ansonsten ist die Abmischung frei von negativen Auffälligkeiten. Das gilt auch für den O-Ton, in dem die Stimmen etwas kräftiger hätten ausfallen dürfen.

EXTRAS

Der Eindruck, dass Regisseur Sena mit dem Film, wie er hier vorliegt, nicht mehr viel zu tun hat, wird durch eine Sequenz in der Sektion der nicht verwendeten Szenen unterlegt: Auf der Suche nach dem Mörder verlässt die Gesetzeshüterin die amerikanische Station und nimmt Kurs auf ein russisches Lager. Im Film kommt der Eindruck auf, dieses Lager sei unbewohnt, was aber keinen Sinn ergeben will, da die Station in einem ganz guten Zustand zu sein scheint (es gibt Strom, sie ist beheizt, sie wirkt bewohnt). In den herausgenschnittenen Szenen erfahren wir Zuschauer nun, dass sie keinesfalls aufgegeben wurde: Tatsächlich verfügt die Station über eine kleine Besatzung. Diese Sequenz jedoch ist von einer Lächerlichkeit, die schmerzt (sie zeigt die russischen Forscher als abgefuckte Versager, die am Ende der Welt gestrandet sind und nur freundlich glucksen, wenn man ihnen Pornofilme als Bestechungsgaben übergibt). Allein die Tatsache, dass diese in jeder Form lächerliche Szene existiert - wenngleich auch nur in den Extras - belegt, dass bei diesem Film wirklich alles daneben gegangen ist, was daneben gehen konnte. Und sie belegt, dass hier am Schnitttisch noch einiges gerettet werden sollte: Lieber ein Moment der Unlogik als ein Moment der Lächerlichkeit, mag sich da jemand (vielleicht der Supervising Editor?) gedacht haben. Geholfen hat es den Film dennoch nicht.

FAZIT

"Whiteout" ist leider das, was man gemeinhin einen schlechten Film nennt. Fade Figuren in einer faden Inszenierung ergeben ein fades Kinowerk, das auf einer technisch halbwegs ansehnlichen DVD kaum mehr als ein cineastisches Gnadenbrot erhält.



Christian Lukas