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REVIEWS



Alice im Wunderland   (BLU-RAY)

Alice im Wunderland
    
Original: Alice in Wonderland   (USA, 2010)
Laufzeit: 108 Min. (1080p)
Studio: Disney Studios
Regie: Tim Burton
Darsteller: Mia Wasikowska, Helena Bonham Carter, Johnny Depp, Crispin Glover, Anne Hathaway u.a.
Format: 1.78:1 Widescreen (16:9)
Ton: DTS-HD 5.1 Deutsch, Englisch DTS Fr DD5.1 Tr
Untertitel: Deutsch, Englisch, Fr, Tr, Arab
Extras: 3 Featurettes
Preis: ca.20 Euro
Wertung: 2+/ 2 / 3 (Bild/Ton/Extras)


"Alice im Photoshop-Land"

Seit mehreren Jahren geisterte "Alice im Wunderland" als Projekt in der Entwicklungshölle von Hollywood umher. Als sich nun die Disneystudios endgültig die Rechte an einer Realverfilmung sicherten, schrumpften die Hoffnung auf eine wirklich neue und innovatiev Interpretation des Stoffes für die Kinoleinwand dahin. Erst als bekannt wurde, dass tatsächlich Tim Burton als Regisseur verpflichtet wurde, witterte man einen großen Coup. Hatte der düster-morbide Tausendsassa, der bereits Warner Brothers mit "Batman Returns" eine überraschend finsteres Kuckucksei unterjubeln konnte, nun auch das Haus der Maus an der Nase herumgeführt?
Bei Tageslicht und ohne 3D betrachtet darf festgestellt werden, dass sich weder das Studio noch Tim Burton mit einer konkreten Vision für den Film durchsetzen konnten. Zwar darf über recht krude wie irrsinnige Designentwscheidungen gestaunt werden, aber dramaturgisch will uns Burton hier eine ebenso verrückte Tee-Party vorführen, wie der durchgeknallte Hutmacher (Johnny Depp darf hier wieder komplett vom Leisten ziehen).
Peinlich ist dabei allerdings, dass seine Drehbuchautorin wohl zu oft Steven Spielbergs "Hook" gesehen hat und sich überlegt hat, dass dies wohl ein Konzept sein könnte, das auch bei "Alice im Wunderland" funktionieren dürfte. Wie die Theorie an der umgesetzten Praxis schamlos scheitert zeigt Burtons Film, der eben eine Quasi-Fortsetzung zu Lewis Carrolrs originaler Geschichte ist.
Ihr erstes Abenteuer im Wunderland hat die bereits zur jungen Dame herangewachsene Alice (Mia Wasikowska ist nicht nur blass geschminkt) bereits vergessen. Auf einer groß angelegten Party soll sie mit einem aristokratischen Schnösel verlobt werden, damit die vaterlose Familie wieder aufatmen kann.
Bereits hier zelebriert Burton eine post-viktorianische Freakshow, die keinen Zweifel an der tumben INtention lässt. Ja, die britische Aristokratie ist ein steifer wie bigott dämlicher Inzesthaufen, in den unsere liebe Alice einfach nicht passen kann. Wieder einmal schwelgt Burton in seinem Fetisch des emanzipierten Außenseiter-Girlies, das sich selbst finden muss.
Angekommen im Wunderland stolpert Alice schließlich völlig unspannend von einer seltsamen Begegnung zur nächsten, ohne dass sie wirklich etwas zu tun bekommt, außer - ähnlich dem Zuschauer - mit weit aufgerissenen Augen Mund dem seltsamen Treiben zuzuschauen. Immerhin gibt es aber einen Konflikt: die böse rote Königin (Helena Bonham Carter ist in Hochform) zankt mit ihrer Schwester der weißen Königin (Anne Hathaway) um die Herrschaft über das Wunderland. Zudem gibt es eine Prophezeiung, die besagt, dass eine Alice den feuerspeienden Jabberwocky der roten Königin besiegt.
So ziemlich alle Figuren des Films wurden von den Trickexperten auf mehr oder weniger subtile Weise in Größe, Form und Farbe manipuliert, was bereits nach kurzer Zeit besonders nervt, da der Overkill an Skurrilität den eigentlich beabsichtigten Effekt der seltsamen Verwunderung schnell verpuffen lässt. Hier wäre weniger mehr gewesen. Dass Alice im Photoshop-Land zudem noch so undramatisch zur Killer-Emanze und im greulichen Schluss auch noch zur Expertin der internationalen Geschäftswelt des vorvorigen Jahrhunderts mutiert, setzt dem verrückten Hutmacher nicht nur die Schaumkrone auf's zerzauste Haupt sondern schlägt auch dem Fass der Empörung die Küfer-Ehre entzwei. Tim Burtons grell-düsteres Osterei der weiblichen Entwicklungsanalyse bleibt schlussendlich so hohl wie das zum Fest ausgeblasene Hühner-Pendant. Für den Zuschauer bleiben nach dem visuellen Verzehr nur noch die kalkigen Schalentrümmer einer aufgeblasenen bunten Verpackung.

BILD

Alice im Wunderland

Ausgehend von einer makellosen digitalen Vorlage liefert das anamorphe Bild (1.78:1) eine knackschrafe und farbenfrohe Repräsentation des Kinobildes. Der Nachteil der hohen Auflösung zeigt sich aber auch wieder im leichten Erkennen des "Compositing" - zu sehr fallen die zusammengefügten Digital-Elemente auf und ölassen den Film insgesamt eher wie ein Videospiel ausschauen. Zusätzlich lässt der leicht gefilterte wie abgedunkelte Look oft eine Tiefenwirkung vermissen, die dem eigentlichen 3D-Konzept geschuldet ist, dass natürlich in 2D deutlich verpufft. Der Schwarzlevel ist natürlich entsprechend tief, abere neigt aufgrund des insgesamt dunkleren Designs gerne dazu, auch kleine Details nicht optimal darzustellen. Die Kompression arbeitet ansonsten tadellos. Gut.

TON

Alice im Wunderland

Der DTS-HD 5.1 Track sorgt für eine gute Surroundkulisse, die vom Film selbst aber erst richtig im kämpferischen Finale ausgenutzt wird. Eher subtil werden die Surroundkanäle ansonsten genutzt. Ein gutes Beispiel dafür sind die Szenen mit der blauen Raupe. Die puffenden Rauchschwaden des Vielfüßlers verteiloen sich schick über die gesamte Soundstage. Die Dialoge sitzen derweil gut ium Centerkanal, während sich die ausladende Musik über alle Kanaäle gut verteilt. Störende Überlappungen oder Aussetzer konnten nicht festgestellt werden. Insgesamt ein guter Track.

EXTRAS

Die Extras sind für die aufwendige Produktion recht knapp und unverspielt geraten. Der BD-Live Zugang ist komplett gesperrt. Einzig ein dreiteiliges "Making of" (zusammen ca. 20 Min.) gibt einen kurzen Einblick in die Entstehung des Films. Die beiden ersten Kapitel beschäftigen sich intensiver mit den Figuren des verrückten Hutmacher und Alice sowie deren Entstehung. Hier zeigt sich besonders hübsch der Entwicklungsprozess zwischen Johnny Depp und Tim Burton bei Dreharbeiten.
Die dritte Episode beschäftigt sich schließlich mit der extensiven Computer-Nachbearbeitung des Films sowie des digitalen Designs von Figuren aus dem Wunderland.
Insgesamt zeigt sich hier aber nichts Spektakuläres.

FAZIT

Tim Burtons "Alice im Wunderland" ist ein quietschbunter Exkurs in filmischer Photoshop-Manipulation geworden. Ohne 3D und große Leinwand bleibt von dem digitalen Ausstattungs- und Designspektakel leider nicht viel übrig. Die Blu-Ray zelebriert hier immerhin die perfekte Darstellung der Pixelpracht: Bild und Ton zeigen Burtons verqueres Wunderland-Design in bester Qualität.



Kay Pinno