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REVIEWS



Agnosia - Das dunkle Geheimnis   

Agnosia - Das dunkle Geheimnis
    
Original: Agnosia   (Spanien, 2010)
Laufzeit: 105 Min. (PAL)
Studio: Universum Film
Regie: Eugenio Mira
Darsteller: Bárbara Goenaga, Eduardo Noriega, Martina Gedeck, Félix Gómez
Format: 2.35:1
Ton: DD 5.1 Deutsch, Spanisch
Untertitel: Deutsch
Extras: Making of, geschnittene Szenen
Preis: ca. 13 Euro
Wertung: 2+/ 3+/ 2 (Bild/Ton/Extras)


"Teuflische Teutonin spinnt böse Intrige"

Joana (wunderschön und verletzlich wird sie als erwachsene Frau von Bárbara Goenaga dargestellt) ist ein Kind, als sie durch einen Unfall bedingt an Agnosie erkrankt. Das heißt, ihre Augen und Ohren sind eigentlich in Ordnung, allein ist ihr Gehirn nicht in der Lage, die aufgenommenen Reize zu verarbeiten. Alles um sie herum wirkt verzerrt, Bilder, Farben, Stimmen. Der Vorfall, der ihr Leben verändert, geschieht während der Vorführung eines Teleskopgewehrs, das ihr Vater entwickelt hat. Aus Kummer über seine Mitschuld vernichtet er sämtliche Entwicklungspläne der Speziallinse. Zum Kummer der deutschen Waffenfabrikantin Prevert (teuflisch-teutonisch: Martina Gedeck).
Jahre vergehen.
Da Joana die Menschen um sich herum nur aufgrund von einigen wenigen Farben und Gerüchen voneinander unterscheiden kann (Stimmen klingen für sie alle gleich), ergibt sich für die Waffenfabrikantin Prevert eines Tages die große Chance, die junge Frau zu manipulieren – um so vielleicht an das Geheimnis der Linse zu gelangen. Joana ist mit Carles (zurückhaltend: Eduardo Noriega) verlobt, dem Sekretär ihres Vaters. Nach dem Tod des Vaters setzt Prevert den jungen Diener Vincent (Felix Gòmez) auf die junge Frau an. Vincent gleicht Carles äußerlich in vielen Belangen. Auch emotional ist er dem Sekretär nicht unähnlich. Er ist perfekt für Preverts perversen Plan: Im Rahmen einer Therapie, die Joana heilen soll, soll er die junge Frau manipulieren und ihr vorspielen Carles zu sein.

Es geht um Liebe, um große Gefühle, um Sehnsüchte. Und um eine Verschwörung, um Gier, um Skrupellosigkeit in seiner extremsten Form. Bei alledem unterläuft Regisseur Eugenio Mira nur ein Fehler: Er vergisst so etwas wie eine echte Überraschung zu präsentieren, etwas Umwerfendes, das die Handlung möglicherweise aus einem vollkommen neuen Blickwinkel präsentiert, ein Momentum, das die Stringenz, mit der die Geschichte erzählt wird, aufbricht. Das nämlich ist die große Schwäche: Nach A kommt B, nach B kommt C und so weiter. Es geschieht, was man als Zuschauer erwartet, wendungsfrei, wenn man dieses Wort einmal kreieren möchte.

Der Verleiher zitiert als Werbung eine Filmkritik, die „Agnosia“ mit Christopher Nolans „Prestige“ vergleicht. Ein Vergleich, wie er falscher kaum sein kann, denn abgesehen davon, dass beide Filme in etwa in der gleichen Zeit spielen, haben sie nicht allzu viel Gemeinsamkeiten zu bieten. Ja, in beiden Filmen mag es um Täuschung gehen, doch wo Nolan den Zuschauer verwirrt, irrwitzige Wendungen präsentiert und sogar in Bezug auf die Hauptfiguren keine Gelegenheit auslässt, diese fein ziseliert zu komplexen Charakteren aufzubauen, nur um sie im Moment ihrer vermeintlichen Vollendung zu demontieren, geht „Agnosia“ diese Komplexität dann leider vollkommen ab. Was dem Film fehlt, das ist der Mut zur Destruktion, zum Aberwitz, zur Demontage.
Am Ende scheitert „Agnosia“ auf einem hohen Niveau. „Agnosia“ hat tolle Schauspieler zu bieten, eine ungewöhnliche Geschichte, Emotionen, eine bemerkenswerte Ausstattung, eine einnehmende Atmosphäre. Nur der Funken will einfach nicht fliegen.

BILD

Agnosia - Das dunkle Geheimnis

Der Bildtransfer ist gelungen. Die wenigen Szenen, in denen der Zuschauer die Welt aus den Augen Joanas zu sehen bekommen, beeindrucken ob ihrer surrealen Verfremdung der Realität. Die Bilder kreieren eine parallele Realität, die das Martyrium der jungen Protagonistin erahnen lassen, dabei werden Farben verfremdet, Schattierungen ausgeblendet, Ränder unscharf maskiert - und doch wirken diese Szenen auf eine seltsame Weise klar und in sich schlüssig. Ansonsten überwiegen dunkle Töne, deren Wiedergabe als klar und fehlerfrei bezeichnet werden kann. Der Bildtransfer ist dem Film angemessen, Blockbildungen oder andere Fehler konnten nicht festgestellt werden.

TON

Agnosia - Das dunkle Geheimnis

Der Sound ist der Schwachpunkt der getesteten DVD. Dabei muss zwischen der deutschen und der spanischen Tonspur unterschieden werden. Während die deutsche Tonspur den Erwartungen entspricht (klarer Sound, eine ebenso fehlerfreie Abmischung, wobei die Stimmen etwas im Vordergrund stehen und Hintergrundgeräusche manchmal etwas zu leise ausfallen), klingt der spanische Originalton etwas dumpf, etwas zu leise, die gesamte Abmischung fällt seltsam monoton aus, ja manchmal klingt die spanische Tonspur fast so, als hätte kaum mehr als eine minimale Nachbearbeitung des Aufnahmetons vom Set stattgefunden. Dies ist nicht nur für Freunde der spanischen Sprache ärgerlich (der Film spielt unter Menschen von hoher Bildung, ihr klares Spanisch lässt einen jeden Spanischlehrer vor Glück jubilieren). Nein, auf fürs teutonische Publikum ist dies von Belang, da Martina Gedeck teilweise in der spanischen Fassung Deutsch spricht. Dies ist dramaturgisch nicht uninteressant, da ihre Sprache als ein Code wirkt, ein Code, der es ihr ermöglicht, ihre Handlungen vor ihrer Umwelt zu verbergen, selbst in Momenten, in denen sie offen im Mittelpunkt des Geschehens steht. Ihre Rolle erhält auf diese Weise eine Verschlagenheit, die ihr in der synchronisierten Fassung etwas abgeht.

EXTRAS

Neben einigen herausgeschnittenen Szenen, die dem Film keinerleich neue Wendungen hätten geben können (eigentlich sind sämtliche Szenen nur Erweiterungen von vorhandenen Sequenzen) umfassen die Extras ein als Videotagebuch gestaltetes Making of, das unkommentiert die Dreharbeiten beobachtet. Das ist teilweise ganz amüsant anzuschauen, da eben aufgrund der fehlenden Kommentierung eine etwas surreale Atmosphäre entsteht, wenn Personen durchs Bild laufen, deren Kleidung, nun ja, etwas museal wirkt.

FAZIT

"Agnosia - Das dunkle Geheimnis" scheitert auf hohem Niveau. Trotz einer durchdachten Geschichte, hervorragender Schauspieler und einer erstaunlichen Ausstattung, bleibt die Geschichte nur eine unvollkommene Idee.



Christian Lukas