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REVIEWS



Howling - Der Killer in dir   

Howling - Der Killer in dir
    
Original: Howling   (Süd-Korea, 2012)
Laufzeit: 114 Min.(PAL)
Studio: Splendid Film
Regie: Ha Yoo
Darsteller: Kang-ho Song, Na-yeong Lee, Jang In-ho, In-gi Jeong
Format: 2,35:1 Widescreen (16:9)
Ton: DD 5.1 Deutsch, Koreanisch
Untertitel: Deutsch, Niederländisch
Extras: Trailer
Preis: ca. 12 Euro
Wertung: 2-/ 2-/ 4- (Bild/Ton/Extras)


"Emotionslose Wolfshatz durch die Straßen Seouls"

Die Luft ist raus. Vor ein paar Jahren überrannten südkoreanische Spielfilmproduktionen förmlich den Heimkino-Freund, Filme wie das Monsterspektakel „The Host“ oder das bemerkenswerte Kriegsdrama „Brotherhood“ ließen die Zuschauer ob der Kraft und dem in jeder Einstellung zu spürenden Enthusiasmus staunen. Auch ein Film wie „Oldboy“ (gegen den etwas Negatives zu schreiben fast schon einer Majestätsbeleidigung gleichkommt, weshalb an dieser Stelle nur bemerkt werden soll, dass er fürchterlich prätentiös ist...) ließ aufhorchen, ja sogar das Feuilleton entdeckte den südkoreanischen Film.

Oder sollte man schreiben: ... „bedauerlicherweise entdeckte nun auch das Feuilleton den südkoreanischen Film“? Was Filme aus dem Süden Koreas ausmachte, war die Kraft des „Alles ist möglich“. Krachende Action, düsterer Horror, stets mit Blick aufs Kommerzkino. Dabei manchmal poetisch, aber immer auch unterhaltsam. Lange Einstellungen? Ist nur Verschwendung von Filmmaterial. Zurückhaltende Action? Ist das Kinderfernsehen? Nein, das koreanische Kino lebte eine ungemeine Vitalität, Südkoreas „Speed“-Klon „Tube“ ließ das Original alt und behäbig aussehen, ja sogar ein deutsches Märchen wie „Hansel & Gretel“ erlebte eine Frischzellenkur im Gewand eines originellen Dark-Fantasy-Streifens. Und das nicht nur durch die Auslassung der Ä-Striche.

Um es kurz zu machen: Davon ist nicht viel übrig geblieben, wie auch „Howling“ traurig beweist. Seit einiger Zeit macht es einfach keinen Spaß mehr, Filme aus Südkorea zu ordern.

Um eines klar zu sagen: Unkritisch war das Kino Südkoreas nie. Missstände wurden aufgegriffen, alte Hierarchien in Frage gestellt. Das aber geschah subtil, am Rande, wenn man so will: Durch die Hintertür.
Dieses subtile Momentum hat das Kino verloren, der Dampfhammer regiert, wo vor ein paar Jahren der feine Pinsel die Vorgaben machte.

„Howling – Der Killer in dir“ will alles sein: Thriller, Drama, Gesellschaftskritik, Action. Er ist – fast nichts davon. Ein bisschen Gesellschaftskritik ist drin. Da gibt es nämlich in der Geschichte die Polizistin Eun-Yeong. Die wird – weil Frau – von ihren Kollegen nicht ernst genommen und auf eine Bürokraft reduziert, ein Rollenbild, aus dem sie nicht rauskommt. Das ist nicht uninteressant, aber auch alles, was haften bleibt. Doch selbst das ist nicht unbedingt positiv zu verstehen. In ihrer devoten Art geht einem Eun-Yeong nach einiger Zeit derart auf den Keks, dass man sich – Entschuldigung, liebe Leserinnen – als Mann irgendwann wünscht, dieses devote Mäuschen würde wirklich besser hinter den Herd zurückkehren. Eine Wandlung der Figur? Nicht zu erkennen. Nur weil sie Motorrad fährt, macht sie das nicht zu einer emanzipierten Frau. Vielleicht betrachtet der Rezensent Eun-Yeong zu sehr aus dem Blickwinkel des europäischen Zuschauers. Das mag sein und es soll gar nicht abgestritten werden, dass Zuschauer(innen) in Süd-Korea ihre Figur ganz anders wahrnehmen. Kino ist aber auch ein Ort der Befreiung, der Überzeichnung. Das Kino hat immer schon Dinge tun dürfen, die in der Realität niemals erlaubt waren / sind / würden. Und da sich das südkoreanische Kino der Gegenwart bewusst als ein Kino des Westens definiert hat und in seiner Inszenierung amerikanischen und französischen Vorbildern näher steht als etwa Filmen aus Hongkong, China oder Japan, wäre es kein Tabu, Eun-Yeong einen Moment der Befreiung zu gönnen – und sei es nur in der primitivsten Form, dass sie den Polizist, der sie am meister piesackt, am Ende fürchterlich eins auf die Fresse haut. Aber, wie gesagt, Eun-Yeong bleibt ein devotes Mäuschen, sodass auch der gesellschaftskritische Aspekt nicht wirklich funkt.

Sonst noch was? Ach ja, es gibt eine Handlung: „Howling“ ist eine vollkommen unspannende Geschichte über eine seltsame Mordserie. Personen, die mit einem Drogen/Kinderpornoring in Verbindung stehen, werden ermordet. Und zwar ziemlich grausam. Was allerdings nicht unbedingt zu Tränen rührt, weil sie, nun ja, nicht unbedingt als Sympathiefiguren taugen. Ob sie also hingemetzelt werden oder nicht, wen juckt das eigentlich? Erzählt wird die Geschichte primär aus der Perspektive Eun-Yeongs, die neu zur Mordkommission stößt, eine Kommission, die vor allem davon lebt, dass die Kommissare untereinander nicht vertrauen – und zwar aus karrieristischen Gründen. Wer einen Fall löst, bekommt Punkte für den Aufstieg (na ja, das ist auch nicht uninteressant zu erfahren, wirkt aber auch etwas aufgesetzt, weil die Spannung dadurch entstehen soll, dass die Polizisten nicht miteinander arbeiten / das funktioniert aber nicht, weil die Figuren viel zu oberflächlich bleiben, man nichts über ihre Motivation erfährt). Na gut, immerhin wird die Geschichte etwas bizarr: Als Mordwerkzeug scheint der Killer nämlich einen Wolf ausgebildet zu haben!

Das alles ist inszenatorisch auf dem Niveau eines 08/15-„Tatorts“ und in etwa auch auf dessen Spannungsniveau. Langweilig!

BILD

Howling - Der Killer in dir

Da gibt es natürlich nichts zu bemängeln. Da gerade die Wolfsszenen oft nachts angesiedelt sind, bestünde ja theoretisch die Gefahr der Blockbildung. Oder das Bild könnte zu dunkel ausfallen. Ach, da gibt es manche Fehlerquellen, die dem Zuschauer das Anschauen eines Filmes vermiesen können. Das aber ist hier alles nicht der Fall, technisch gibt es nicht auszusetzen. Das ist alles gediegen und brav umgesetzt. Wie bei einem „Tatort“ eben. Die Kamera wackelt nicht, die Farben sind natürlich, Räume sind wohlig ausgeleuchtet... Das ist okay, ebenso...

TON

Howling - Der Killer in dir

... der Ton. Was für das Bild gilt, gilt auch für den Ton, auch wenn die Tonmeister in Korea, aber auch im deutschen Synchronstudio, nun keine Meisterleistungen abliefern mussten. Vielmehr ist das alles gutes Handwerk. Bodenständig, ohne Höhen und Tiefen. Eine angenehme, gute Arbeit, an der es nichts auszusetzen gibt.

EXTRAS

Nix, was man erwähnen muss. Also kein Making of, keine Interviews. Für Freunde des niederländischen Zungenschlages gibt es niederländische Untertitel. Das musste mal gesagt werden.

FAZIT

Ein ödes Polizeikriminaldrama bekommt auch dann keinen Biss, wenn der Mörder auf vier Pfoten durch die Nacht pirscht.



Christian Lukas