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REVIEWS



Und Gerechtigkeit für Alle - SE   

Und Gerechtigkeit für Alle - SE
    
Original: And Justice for All   (USA, 1979)
Laufzeit: 114 Minuten (PAL)
Studio: Sony Pictures
Regie: Norman Jewison
Darsteller: Al Pacino, Jack Warden, John Forsythe, Lee Strasberg u.v.a.
Format: 1.85:1 Widescreen (16:9)
Ton: DD5.1 Deutsch, Englisch, Französisch
Untertitel: Deutsch, Englisch, Fr, Tr u.v.m.
Extras: Kommentar, Deleted Scenes, Interviews
Preis: ca. 18 €
Wertung: 2 / 3 / 2- (Bild/Ton/Extras)


"Anwalts Liebling"

Lange bevor Anwaltsserien inflationär das Fernsehen fluteten, hatte Barry Levinson (“Good Morning Vietnam”) die zündende Idee für diesen eigentlich interessanten Stoff. Was geht tatsächlich hinter den Kulissen von Justizia ab? Und wer sind diese ewig gestressten, oft mit einem überproportionalen Ego ausgestatteten Rechtsverdreher und Halsabschneider eigentlich wirklich? Anhand einiger handfester Anekdoten und fleißiger Recherche im Freundeskreis hatte Levinson schließlich den Stoff für eine packende Milieu-Studie zusammen, die aktuelle Gerichtsdramen auch heute noch in peinliche Kitschromantik für Yuppies verwandelt. Statt für den Start einer TV-Serie wurde schließlich ein Oscar-nominierter Film aus seinem Stoff. Unter der Regie von Norman Jewison (“Rollerball”) läuft Al Pacino als kleiner Strafverteidiger Arthur Kirkland zur Bestform auf. Gleich sein erster Auftritt macht klar, das dieser Film nichts mit den gelackten und geschniegelten Anwaltspossen a la “Ally McBeal” oder “Shark” zu tun hat. Kirkland sitzt in einer Ausnüchterungszelle und wird von einem obdachlosen Penner angepisst! Diesen Zwangsaufenthalt hinter Gittern hat er einem Zwist mit dem harten Richter Fleming (John Forsythe) zu verdanken, der ihn wegen Missachtung des Gerichts kurzfristig einsperren ließ. Zusammen mit seinen beiden Kollegen und alten Collegefreunden und Mit-Anwälten Porter und Fresnell (tolle Nebenbesetzung für Jeffrey Tambor und Larry Bryggman) muss er sich auch gegen das verdrehte amerikanische Rechtssystem stemmen. Dazwischen versucht er noch, sich um seinen dementen Vater (Lee Strasberg) und um einen internen Untersuchungsausschuss zu kümmern. Das Schicksal hat jedoch einen verhängnisvollen Trumpf für den nah am Rande des Nervenzusammenbruchs wandelnden Rechtsanwalt im Ärmel. Ausgerechnet der harte Hund Fleming wird plötzlich wegen einer angeblichen Vergewaltigung angeklagt und Kirkland soll ihn verteidigen. Eine Aufgabe, die seinen Glauben an das Rechtssystem letztlich bis in die Grundfesten erschüttern wird.
“Und Gerechtigkeit für alle” wirkt wie ein elaborater Pilotfilm zu einer Anwaltsserie, die es leider nie gegeben hat. Die detailreichen Subplots und grellen Charaktere
(u.a. Jack Warden als Selbstmord-gefährdeter Richter) hätten sicher reichlich Raum für viele Folgen gelassen. John Forsythe brilliert als konservativer Schweinehund der allerschlimmsten Sorte - einen Typen, den man einfach liebt zu hassen. Jewison und Levinson setzen die Akzente des Films ganz klar auf die absurden Irrnisse der Mühlen des Gesetzes und zeigen ganz klar die fatalen Folgen auf. Besonders der Faktor Mensch spielt dabei eine entscheidende Rolle, die den Film deutlich von effekthascherischen Gerichtsdramen absetzt. Pacino liefert hier zudem eine Performance (die berühmte “You’re out of order”-Rede), die ganz oben bei seinen besten Werken zu finden ist. Großartig zeitlos und packend zerlegt der Film das irre Treiben vor Gericht auch mit einem eleganten wie augenzwinkerndem Sarkasmus, der modernen Filmen einfach abgeht. Es bleibt eben nur schade, dass aus diesem Stoff in diesem Stil nie eine Serie geworden ist.

BILD

Und Gerechtigkeit für Alle - SE

Der neue anamorphe Widescreentransfer
(1.85:1) ist eine leichte Verbesserung gegenüber des alten Transfers. Die Vorlage zeigt nur wenige Alterserscheinungen und liefert einen sauberen Eindruck des absichtlich etwas krude gefilmten Gerichtsdramas. Der leicht “grungige” Look des Films wird hervorragend wiedergegeben. Schärfe und Kontrast sind solide, aber können aufgrund des Ausgangsmaterials nicht mit aktuellen Produktionen mithalten. Insgesamt hat der gesamte Film einen (für die 70-er Jahre
typischen) leicht weichgezeichneten Look. Die Farbpalette wirkt entsprechend auch etwas reduzierter, aber gibt exakt die passende “Farbtemperatur” für den Film wieder. Der Schwarzlevel ist ebenfalls solide, aber hat auch die Tendenz Hintergundbereiche absaufen zu lassen. Die Kompression arbeitet tadellos und liefert ein stabiles Bild.

TON

Und Gerechtigkeit für Alle - SE

Der originale Monosound wurde für die neue Special Edition zu einem DD5.1-Ton aufgeblasen. Das Resultat ist entsprechend des eher Dialog-lastigen Films eher unbedeutend. Zwar wurden nun versucht Hintergrundgeräusche und Publikumsreaktion bei Gericht in die Surroundkanäle zu mischen, aber das Ergebnis wirkt eher frontlastig. Die spärlich eingesetzte Musik wird allerdings sehr effektiv über die gesamte Soundstage verteilt. Die Dialoge sind aufgeräumt und sicher im Center zu hören. Hier sind einfach keine Surroundwunder zu erwarten. Dennoch wird das Hörerlebnis hier nicht durch aufgesetzte Surroundspielereien gestört.

EXTRAS

Der Audiokommentar von Norman Jewinson war bereits bei der alten Auflage des Films vorhanden und hat natürlich nichts von seinem faszinierenden Inhalt verloren. Detailreich und gespickt mit Anekdoten führt Jewison hinter die kleinen und großen Geheimnisse der Produktion. Er liefert dabei eine gute Mischung aus technischen und inhaltlichen Hintergründen des Films ab, die ohne große Pausen auskommen. Ein wirklich guter Track. Desweiteren sind zwei Interview-Segmente vorhanden, in denen Jewison (ca. 12 Min.) und Autor Levinson (ca. 9 Min.) separat noch einmal retrospektiv über “Und Gerechtigkeit für alle” sinnieren. Die vier geschnittenen Szenen sind ebenfalls in anamorphen Widescreen - allerdings im unbehandelten Originalzustand - zu sehen. Keine der Szenen ist wichtig für den eigentlichen Film, aber sie liefern weitere nette Charaktermomente, die in der Rubrik der geschnittenen Szenen eben am besten aufgehoben sind. Ein Trailer zum Film fehlt leider.

FAZIT

“Und Gerechtigkeit für alle” bleibt ein großer Klassiker, der vergleichbare Anwaltsdramen und -Serien immer noch hinter sich lässt. Die neue Special Edition von Sony lässt den fast 30 Jahre alten Film nicht nur gut aussehen, sondern spendiert auch hervorragende Extras. Definitiv ein absoluter Pflichtkauf.



Kay Pinno