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DVDrome - das Blu-Ray und DVD Online-Magazin

REVIEWS



Hitchcock   (BLU-RAY)

Hitchcock
    
Original: Hitchcock   (USA, 2012)
Laufzeit: 98 Min. (1080p)
Studio: Twentieth Century Fox
Regie: Sacha Gervasi
Darsteller: Anthony Hopkins, Helen Mirren, Scarlett Johansson, Jessica Biel, Michael Stuhlbarg, Kurtwood Smith u.a.
Format: 2.40:1 Widescreen (16:9)
Ton: DTS-HD-MA 5.1 Englisch DTS Deutsch, Fr, Spa u.a.
Untertitel: Englisch, Deutsch, Fra, Spa u.a.
Extras: Kommentar, Making of Featurettes, geschn. Szene, Trailer u.m.
Preis: ca. 15 €
Wertung: 2 / 2+/ 2 (Bild/Ton/Extras)


"Psycho Drama"

Erstaunlicherweise ist ausgerechnet "Psycho" einer von zwei epitomalen Genre-Meilensteinen, die bei mir nie richtig funktioniert haben. Die Geschichte um das einsame Muttersöhnchen Norman Bates, der den Begriff Mutterliebe auf nekrophile wie gewaltsame Weise neu definierte, konnte keinen Blumentopf gewinnen. Geschuldet ist dies sicherlich einer viel zu hohen Erwartungshaltung, die der Film dem bereits fleißig mit phantastischen Filmen gedrillten Knirps einfach nicht entsprechen konnte. Ein Typ in Frauenkleidern mit Küchenmesser und einem Skelett im Keller? Das war's schon? Alfred Hitchcock hätte ob der absurden Situation wohl selbst fleißig geschmunzelt, da er persönlich der größte Spin-Doctor seines Frankensteinmonsters von einem Film wurde. Lautsprecheransagen in den Kinos mit Warnungen, Wachpersonal vor dem Kintop, keine Presse und ein Schweigegelübde auch für Zuschauer, die den Schockgehalt des Films nicht kolportieren durften bzw. sollten. Allein der ungewöhnlich legendäre Trailer zu "Psycho" ist immer noch ein Meilenstein (siehe hier), in dem Hitch persönlichen durch die grauenvollen Tatorte seines Films führt.

In "Hitchcock" führt Sacha Gervasi nun eindrucksvoll hinter die Kulissen der Entstehung des berühmten Spektakels, das von Beginn an eigentlich unter keinem guten Stern stand. Auf den Wogen des Erfolgs von "Der Unsichtbare Dritte" steht Alfred Hitchcock (Anthony Hopkins verschmilzt mit seinem enormen Make-Up zu einer hervorragenden Kunstfigur von Hitch) enorm unter Druck von Studios und Öffentlichkeit. Was wird der neue Film vom Master of Suspense sein? Ausgerechnet an der fiktionalen Aufbereitung eines unglaublichen Kriminalfalls in Plainfield, Wisconsin, findet der in Amerika lebende Brite Gefallen: Robert Blochs "Psycho"nimmt sich der Geschichte des nekrophilen Ed Gein an, die später noch notorischer als "The Texas Chainsaw Massacre" im Kino Gestalt annehmen sollte. Besessen von der Idee, einen echten Schocker auf die Leinwand zu bringen, setzt Hitchcock alles daran, "Psycho" nach seinen Vorstellungen umzusetzten - und muss schließlich sein eigenes Geld dafür einsetzen. Im Kampf gegen das Studio, seinem eigenen Ego, seiner Besessenheit (mit blonden Frauen) und vor allem aber auch mit seiner Frau Alma (Helen Mirren) läuft Hitchcock Gefahr, irgendwann selbst den Verstand zu verlieren.

Gervasi und sein Drehbuchautor John McLoughlin tischen mit "Hitchcock" mehr als nur eine herrlich inszenierte Anekdotensammlung der notorischen Filmproduktion von "Psycho". Dieses Setting bildet nur den Hintergrund für eine komplexe künstlerische Beziehung, die das Image des Meisters der Spannung ordentlich relativiert. Denn die unsichtbare Zweite in der Erfolgsformel Alfred Hitchcock ist seine Frau. Wer nun mit einem drögen Beziehungsdrama rechnet, der unterschätzt die spielerische Wucht und Schelmenhaftigkeit der Hauptdarsteller. Brillant und amüsant gibt Helen Mirren ihre Alma als Frau, die genau weiß was sie für ihren Mann geopfert hat, während Hitch aus den Augen verloren hat, was ihn eigentlich zu seinen Filmen treibt. Gervasi vermenschlicht Filmgeschichte und ihre Götter in einer grandiosen Arena, die auch mit großartigen Nebenbesetzungen für Gänsehaut sorgt: Allein Scarlett Johansson und Jessica Biel in ihren 60er Jahre Outfits dürften Männer ins Schwitzen kommen lassen. Den größten Coup landet Gervasi aber mit Michael Wincott in der Rolle von Ed Gein, der als obsessives Alter Ego (!) von Hitchcock fungiert. Dazu liefern Michael Stuhlbarg und Kurtwood Smith herrlich die Studio-Antagonisten in Gestalt von Lew Wasserman (Chef der Universal Studios) und Geoffrey Shurlock (der Zensur-Beauftragte). Unterhaltsamer, aufregender und emotional erfüllender als "Hitchcock" kann Filmgeschichte im Kino kaum sein.

BILD

Hitchcock

Der anamorphe Widescreentransfer sieht absolut superb aus: die Vorlage ist natürlich makellos und liefert ein durchgängig gestochen scharfes Bild, das sämtliche Details schonungslos enthüllt - auch ein Zeitung-lesender Hitch in der Badewanne wird hier nicht als Effekt enttarnt. Die Farben sind sehr kräftig und versprühen dabei einen herrlichen Retro-Look, der ein wenig an Hitchcocks Filme erinnert. Der Schwarzlevel ist ebenfalls sehr tief und detailreich. Die Kompression bleibt dagegen unsichtbar. Gut.

TON

Hitchcock

Sowohl der englische DTS-HD-MA 5.1 Ton und der deutsche DTS-Ton sind sehr lebendig und nutzen die räumlichen Möglichkeiten des Films gut aus. Stimmen und auch seichte Geräusche sind besonders im Frontbereich gut verortbar, was sich besonders in den Szenen bei den Studiodreharbeiten ausmachen lässt. Die Musik schmiegt sich sehr homogen zwischen Dialoge und Effekte, ohne dabei zu sehr im Vordergrund zu stehen. Störende Überlappungen oder Aussetzer bleiben aus. Ein sehr gelungener, ruhiger Track.

EXTRAS

Twentieth Century Fox hat "Hitchcock" auf Blu-ray mit gelungenen Ausstattung bedacht. Das "Making of" (ca. 30 Min.) führt eingehend hinter die Kulissen der Produktion und liefert ebenfalls die Vorgeschichte des ungewöhnlichen Projekts. Knapp 20 Minuten beschäftigt sich die Featurette "Hopkins wird zu Hitchcock" mit dem aufwendigen Make-Up Prozess und Darstellung der Figur durch Hopkins. Hier darf Howard Berger von KNB-Effects mal wieder zeigen, warum er Oscar-Preisträger ist.
Es folgen fünf weitere Kurzvideos (jeweils zwischen 3 - 5 Min.), die die Besetzung, die Entstehung der Musik und weitere Details Hitchcock vorstellen.
Die geschnittene Szene (ca. 2 Min.) hätte sehr gut in den Film gepasst, aber wirkt noch etwas steif gespielt: hier liegt Hitch bei Ed Gein auf der Couch und plaudert über seine Probleme.
Den Film begleitet ein Audiokommentar mit Regisseur Gervasi und dem Buchautor Stephen Rebello. Beide erzählen intensiv über ihre Beziehung zu dem Regisseur und wie sie die Geschichte von "Hitchcock" für die Leinwand entwickelt haben. Neben vielen Fakten und filmtechnischen Details gibt es von Gervasi auch einige schöne Set-Anekdoten zu hören. Ein sehr gelungener Kommentar, der die restlichen Bonusmaterialen gut ergänzt.
Zwar fehlt der Kinotrailer zum Film auf der Scheibe, aber immerhin gibt es einen amüsanten "Handy aus!"-Kinospot mit Hitch zu sehen.

FAZIT

Sacha Gervasis "Hitchcock" ist eine packende Mischung aus Film-Nerd-Nostalgie und Künstlerdrama, der einen faszinierenden Einblick hinter die Maske des "Master of Suspense" wagt. Die Blu-ray von Fox bietet exzellente Bild- und Tonqualität. Dazu gesellen sich noch ein paar Killer-Extras, an denen auch der alte "Hitch" sicher seine Freude gehabt hätte. "Hitchcock" in HD ist ein todsicheres Ding!



Kay Pinno