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DVDrome - das Blu-Ray und DVD Online-Magazin

REVIEWS



Todesmelodie HD   (BLU-RAY)

Todesmelodie HD
    
Original: Giù la testa   (Italien / Spanien, 1971)
Laufzeit: 165 Minuten (1080p)
Studio: MGM / Twentieth Century Fox
Regie: Sergio Leone
Darsteller: James Coburn, Rod Steiger, Romolo Valli, David Warbeck, Rik Battaglia u.v.a.
Format: 2.35:1 Widescreen (16:9)
Ton: DTS-HD-MA 5.1 Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch, Englisch
Extras: Kommentar, Interview, Restauration u.m.
Preis: ca. 13 €
Wertung: 2 / 2 / 2+ (Bild/Ton/Extras)


"Sergio Leone und die Revolution"

Nach seinem phänomenalen “Spiel mir das Lied vom Tod” hat Sergio Leone noch zwei große Filme in Eigenarbeit gedreht. “Zwei ?”, werden sich jetzt sicherlich einige Leser fragen. Richtig, denn zwischen “Spiel mir das Lied vom Tod” und “Es war einmal in Amerika” kommt die “Todesmelodie”. Das seltsame Zwischenstück zu Leones Amerika-Trilogie wird leider völlig zu Unrecht als schwarzes Schaf seiner Filmographie betrachtet. Dies liegt wohl vor allem an dem ungewöhnlichen Setting - mitten in der mexanischen Revolution kurz nach der vorvorigen Jahrhundertwende. Da gibt es schon Motorräder, Autos und auch Panzerwagen. Das passte wohl nicht in das klassische Westernbild, dass die Welt von Leone anno 1971 hatte. Und “Todesmelodie” ist eben auch kein Western. Es ist ein Film über das blutige wie wahnsinnige Chaos der Revolution; über die Freundschaft mit der man sich aus diesem Chaos retten kann; über den Verrat, der einen den Idealismus kostet und natürlich über das Dynamit, vor dem wirklich alle Menschen gleich sind. “Todesmelodie” ist ein Film mit großen Gefühlen (besonders unterstrichen durch die wirklich beste Musik, die Ennio Morricone für einen Leone Film geschrieben hat!!!) vor einem entsetzlich mörderischen Hintergrund - die Ähnlichkeit in der Konzeption zu John Woos Meisterwerk “Bullet in the Head” ist dabei wirklich erstaunlich. Nur kann Leone den dramatischen Faden hier noch besser spinnen als der Meister aus Hongkong: der arme Mexikaner Juan Miranda (Rod Steiger) hat sich in der Revolution mit seiner Familie (ein Opa und zahlreiche Jungs) selbstständig gemacht - als Wegelagerer und Banditen nämlich. In seiner Darstellung ist Rod Steiger ganz der illegitime mexikanische Bruder von Tuco aus Leones “Zwei glorreiche Halunken”. Schroff, ungebildet aber nicht dumm und mit der richtigen Portion drolligen Humors versehen, plündert er die überheblichen Europäer im Land aus. Von Robin Hood ist der arme Juan aber meilenweit entfernt. Sein ultimativer Lebenstraum ist ein Raubzug auf die staatliche Bank von Mesa Verde. Diesen Traum sieht er verwirklicht als er auf den irischen Sprengstoff-Experten Sean “John” Mallory (James Coburn) trifft. Durch einen fiesen Trick bringt Juan seinen “Kumpel” widerwillens dazu, sich an dem Coup zu beteiligen. Doch auch Sean hat seine Pläne und spannt Juan unwissend für die Revolution ein. Der Spaß hört jedoch schnell auf, als sich General Günther Ruiz (Antoine Saint-John) mit seiner Armee auf die Fährte der Revoluzzer setzt. Ein harter Kampf ums Überleben beginnt. Mit einer Überdosis an Onscreen-Gewalt setzt “Todesmelodie” ein klares Zeichen gegen die anarchistischen Zustände in einem von Revolution gebeutelten Land. Mehr Erschießungen gab es bis heute wohl kaum in einem Film zu sehen. Sein Potential bezieht “Todesmelodie” allerdings aus der tragischen Dynamik zwischen Sean Mallory und Juan Miranda. Gemeinsam geben sie sich den Antrieb, im anderen ein Ideal zu sehen, das ihnen selbst fehlt. So funktionieren “Hirn” und “Herz” am besten zusammen. Aber auch in dieser Revolution gibt es Opfer und ein tragisches Ende ist schon vorprogrammiert. Zusätzlich versehen mit einer geballten Portion schwarzen Humors wie in kaum einem anderen Leone-Film könnte man “Todesmelodie” in seinem sozialpolitischen Kontext fast als zynisch betrachten. Doch der originale Titel legt schon Nahe auf welcher Seite sich Leone befindet: “Duck, you Sucker” (zu Deutsch “Duck dich, du Depp”) ist die freundschaftliche Rachebotschaft eines enttäuschten Sozialisten mit viel Humor. Wie Sean Mallory seine Dynamit-Fluppe Juan entgegenwirft, schleudert nämlich auch Leone seinen explosiven Film mit dieser Warnung dem Publikum entgegen. Ein bleibender Eindruck wie ein ins Dach gesprengtes Loch dürfte nach “Todesmelodie” auf jeden Fall zurückbleiben.

Die Fassung auf der Blu-ray von "Todesmelodie" entspricht der unzensierten Langfassung, die bereits auf der Gold Edition von MGM veröffentlicht wurde. Der Film enthält hier auch die bisher nur zum Teil auf der alten MGM-Laserdisc (als Deleted Scene) zu bestaunende letzte Flashback-Sequenz von James Coburn, die nun komplett in den Film integriert ist. Allein durch diese Szene bekommt die Figur von Coburns Mallory nochmals eine viel tiefere Komplexität und lässt den Film auf einer noch bitteren Note enden als ohnehin schon.

BILD

Todesmelodie HD

Wie immer bei den Blu-ray Transferen von alten Filmen kommen auch bei "Todesmelodie" Licht und Schatten zusammen. Die Vorlage für den anamorphen Widescreentransfer (2.35:1) ist in einem soliden Zustand, aber kann sein Alter nicht verbergen. Eine deutliche Portion Filmkorn, ein paar seichte Verunreinigungen und Unschärfen des Originalmaterials kommen in HD natürlich wesentlich stärker zur Geltung. Trotzdem hat der Transfer dadurch auch einen sehr guten Filmlook, der nicht digital zerfiltert wurde. Denn der Detailgrad ist sehr gut und liefert immer wieder atemberaubende Momente. Die Farben sind stabil und sehr natürlich. Die eher grau, braune Farbpalette wird gut wiedergegeben. Ein sehr gelungener HD-Transfer, der aus dem vorhandenen Material das Mögliche herausholt.
Der Schwarzlevel kann hier nicht immer ganz mithalten und rutscht an wenigen Stellen (z.B. wenn Juan den Wagen der Aristokraten besteigt) ein wenig ins seicht Milchige ab. Ansonsten bleibt das Schwarz solide und ebenfalls detailreich. Die Kompression arbeitet sauber und lässt weder Artefakte noch Hintergrundrauschen aufkommen.

TON

Todesmelodie HD

Für den neuen DTS-HD-MA 5.1 Track auf Deutsch wurde die bereits für die DVD aufgebohrte Tonspur von "Todesmelodie" noch einmal ordentlich aufpoliert. Besonders Ennio Morricones Musik profitiert davon. Deutlisch präsenter und sehr ausgewogen verteilt sich das wunderschöne Thema des Films auf allen Kanälen. Bei den Dialogen hört man noch am ehesten die Überbleibslel des originalen Monotracks: seicht rauschig und ein wenig dumpf klingen die deutschen Texte schon noch. Dafür hat man sich aber auch bemüht die Soundstage weiter zu öffnen und benfalls mehr ambiente Effekte besser einzusetzen. Auch die zahlreichen Schusswechsel und Explosionen bekommen hier noch etwas mehr Gewicht. Nochmals eine Aufwertung gegenüber dem alten DVD Track. Gut.

EXTRAS

Bei den Extras hat man der Blu-ray alle Extras der gelungenen Gold Edition spendiert. Leider haben die Produzenten der Specials zu lange gewartet, da die Hauptdarsteller James Coburn und Rod Steiger bei deren Erstellung leider beide bereits verstorben waren. Trotzdem hat sich MGM nicht ins Bockshorn jagen lassen und liefert gelungnes Infotainmaent rund um "Todesmelodie" ab. Den Film begleitet ein Audiokommentar von Filmhistoriker und Leone-Fachmann Sir Christopher Frayling, der auch schon zum Audiokommentar von “Spiel mir das Lied vom Tod” beitragen konnte. Hier gibt sich Frayling aber wesentlich versierter und kann neben einer geschickten Filmanalyse detailreich Fakten über die Produktion als auch passende Exkurse zu den historischen Grundlagen und den kleinen Unstimmigkeiten des Films anbringen. Ein wirklich sehr gelungener Kommentar, der auch den Kennern der Materie viel interessanten Stoff bietet.

In “Der Mythos der Revolution” (ca. 21 Min.) spricht Sir Christopher Frayling noch einmal kompakt über Leones Karriere, den Mythos der Revolution in bezug auf die Post 68-er Atmosphäre in der der Film entstand sowie über die Produktion selbst. Die Überschneidungen mit den Infos des Audiokommentars sind zu verkraften und nicht allzu störend. Noch interessanter aber mit sieben Minuten Laufzeit leider viel zu kurz sind die Erinnerungen von Drehbuchautor Sergio Donati an die Zusammenarbeit mit Leone bei “Todesmelodie”. Hier hätte man sicherlich noch mehr Infos über Maestro Sergio und die italienische Filmlandschaft aus der Zeit erfahren können. Hinter “Die verschiedenen Versionen” (11 Min.) versteckt sich ein sehr aufschlussreicher Vergleich zwischen den unterschiedlich stark gekürzten Auswertungen und Titeländerungen des Films. Hier werden ebenfalls noch zwei verschollene Szenen anhand von Setfotos erläutert. Es handelt sich dabei um den Übergang nach der ersten Begegnung zwischen John und Juan und der Tötung von Johns Auftraggeber Aschenbach sowie eine explizite Folterszene mit Dr. Villega. “Es war einmal in Italien...” dreht sich die Vorbereitungen zu einer Sergio Leone Ausstellung, bei der auch wieder Sir Christopher Frayling mitmischt. Viel Informationen gibt’s hier leider nicht, aber dafür ein paar Blicke auf verschiedene Originalrequisiten aus Leone-Filmen. In “Restauration im italienischen Stil” (6 Min.) beschreibt MGM-Cheftechniker John Kirk die Arbeit an der Restauration des Films, die abgesehen von dem Fassungswirrwarr laut eigenen Aussagen recht “einfach” gewesen sein soll, da das Material äußerst gut erhalten war. Der neun-minütige “Drehortvergleich” ist eben genau das: aktuelle Fotos der Filmlocations sind mit den entsprechenden Filmszenen zu Morricones Soundtrack verschnitten. Groß. Zum Abschluss gibt’s noch den internationalen Kinotrailer, Radiospots und eine Bildergalerie zu bestaunen.

FAZIT

“Todesmelodie” ist auf Blu-ray ein gutes Upgrade geworden. Das Bild ist entsprechend der Vorlage gelungen und der Ton wurde auch noch einmal aufpoliert. Dazu sind alle Extras der Gold Edition vorhanden. Wer "Todesmelodie" noch nicht besitzt, kann hier endgültig zuschlagen. "Todesmelodie" ist eine Liebeserklärung an die Freundschaft und ein Aufschrei gegen gesellschaftliche wie politische Bigotterie mit ihren fatalen Folgen. Zweifellos ist “Todesmelodie” auch Leones brutalster Film und deshalb sicher nicht jedermanns Sache. Thematisch ist er aber heute aktueller als er bei seinem Erscheinen war. Absoluter Pflichtkauf.



Kay Pinno