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REVIEWS



Ein ferpektes Verbrechen   

Ein ferpektes Verbrechen
    
Original: Crimen Ferpecto   (Spanien, 2004)
Laufzeit: 99 Minuten (PAL)
Studio: e-m-s
Regie: Alex de la Iglesia
Darsteller: Guillermo Toledo, Mónica Cervera, Luis Valera, Enrique Villén u.v.a.
Format: 2.35:1 Widescreen (16:9)
Ton: DD5.1 Deutsch, Spanisch
Untertitel: Deutsch
Extras: DD5.1 Deutsch, Spanisch
Preis: ca. 15 €
Wertung: 1 / 2 / 1- (Bild/Ton/Extras)


"Der Tod trägt weißen Mieder!"

Regisseur Alex de la Iglesia ist schon ein wahrlich komischer (!) Kauz. Sein besonders perfieder Sinn für Humor hat ihn zu einer Kultfigur gemacht. Egal ob in “Acción mutante” die degenerierten Verwandten der “X-Men” zur Attacke gegen ein schön- und schlankheitswahnbessessenes Establishment rebellieren, die Widergeburt des Satans in “El Dia de la Bestia” vor der erzkatholischen spanischen Tür steht oder sich die Nachbarn in “La Communidad” (Review hier) wie reißende Bestien verhalten - Iglesias Filme versprühen einen anprangernden Charme von gesellschaftlicher Kritik, die er mit seinen skurrilen Figuren sehr geschickt zu erzählen weiß. Rafael González (der spanische TV-Star Guillermo Toledo) ist so ein Typ: Der konsumberauschte Vollblutverkäufer eines großen Kaufhaus hat sein angestammtes Revier aufgrund der kurvenreichen Personaldecke die Damenabteilung verlegt. Einzig seine spröde Kollegin Lourdes (Mónica Cervera) ignoriert er schon gekonnt aus rein ästhetischen Gründen. Im Kampf um die Abteilungsleitung macht dem Mieder-Macker nur noch der alte Don Antonio (Luis Valera) aus der Herrenabteilung harte Konkurrenz. Bei einem Streit kommt es schließlich zu einem tödlichen Unfall, bei dem sich González gerade so noch herauswinden kann, ohne dass die Polizei ihn erwischt. Trotzdem hat der schlüpfrigen Schlawiner Pech. Die nach Aufmerksamkeit gierende Lourdes war Zeugin der Tat und lässt den Kaufhaus-Beau fortan richtig bluten. Iglesias feiert mit “Ein ferpektes Verbrechen” eine tiefschwarze Sozialkomödie ab, die den beherrscht oberflächlichen Discount-Dressman mit Managermanieren in ein stammelndes Häufchen Elend verwandelt. Auf der anderen Seite wird die zunächst bemitleidenswerte Lourdes zu einem ultimativen Consumer-Vamp, der jedes Mittel recht ist, um so zu werden, wie die oberflächlichen Leute, die sie deswegen eigentlich verabscheute. Äußerst direkt verkauft Iglesia seine marktschreierische Kritik an der Konsumgesellschaft mit viel Witz und seiner üblich sicheren Inszenierung. Allein die Eröffnungssequenz eines rabiaten Verkäufertrainings in Form einer “Matrix”-Hommage setzt den richtig durchgeknallten Ton für die folgenden Eskapaden, die ganz aus der Sicht von González geschildert werden. Der darf schließlich noch äußerst komische Zwiegespräche mit dem Geist des verstorbenen Don Antonio führen, um sich selbst aus der dräuenden Ehe mit Lourdes zu befreien - und zwar koste es, was es wolle. Dafür brennt Iglesia - ganz der “Acción mutante”-Rebell - den Tempel der Mode konsequent im Finale nieder. Dieser cineastische Brandstifter bleibt deshalb weiterhin gefährlich!

BILD

Ein ferpektes Verbrechen

Das Bild des anamorphen Transfers (2.35:1) basiert auf einer sehr guten Vorlage, die keine analogen Rückstände wie Dreckspuren oder Spratzer erkennen lässt. Selbst kleine Bildpunkte sind nicht evident. Schärfe und Kontrast sind sehr gut und zeigen auch in dunkleren Passagen ein hoch detailliertes Bild. Die Farben sind sehr kräftig und wirken an bestimmten Stellen absichtlich ein wenig unnatürlich überbetont. Der Schwarzlevel ist ordentlich tief, aber bleibt trotzdem detailreich. Bildbereiche in dunklen Szenen werden nicht verschluckt. Die Kompression bleibt ebenfalls sauber. Artefakte oder Hintergrundrauschen treten nicht auf. Ein wirklich sehr guter Transfer.

TON

Ein ferpektes Verbrechen

Der DD5.1 Track leistet ebenfalls sehr solide Arbeit und entlockt dem ansonsten eher dialoglastigen Film doch einige schöne, ambiente Momente in den Kaufhausszenen. Immer wieder fließen Hintergrundgeräusche und Gemurmel durch die hinteren Kanäle und lassen ein echtes Kaufhaus-Feeling aufkommen. Die Dialoge der wirklich guten deutschen Synchronisation sitzen derweil fest im Centerkanal und mischen sich recht homogen mit der restlichen Klangkulisse. Störende Überlappungen konnten nicht festgestellt werden. Gut.

EXTRAS

Der Audiokommentar mit Alex de la Iglesia und seinem Drehbuchautor ist wirklich eine runde Sache. Die beiden Kumpels erzählen sich viel über ihre unterschiedliche Inspiration für das Projekt - einschließlich einiger Kindheitserlebnisse in Kaufhäusern - und gehen auch auf die verschiedenen Jagd-Motive inneralb des Films sowie die Zusammenarbeit mit den Schauspielern ein. Angereichert mit zahlreichen Anekdoten erfährt man hier auch erstaunliche Kleinigkeiten: so mussten die Produzenten z.B. für eine kurze Improvisation des Hauptdarstellers nachträglich eine Stange Geld für Lizenzgebühren hinblättern. Ein sehr guter Track, der allerdings komplett auf Spanisch aber hilfreicherweise deutsch untertitelt ist. Das trifft auch auf das “Making of” zu. In 16 Minuten bekommt der Zuschauer sehr geschickt montierte Behind-the-Scenes Aufnahmen präsentiert, die die unterschiedliche Arbeit an verschiedenen Szenen mit hübschen Ausschnitten ohne zusätzlichen Kommentar belegen. Besonders hübsch ist hier der Schluss, bei dem gezeigt wird, dass Alex de la Iglesia nicht nur ein spanisches Stunt-Double für Francis Ford Coppola sein könnte sondern auch ein Mädchen für alles ist. Die “Deleted Scenes” zeigen 18 Minuten an hauptsächlich verlängerten Szenen und Schnipseln. Dabei ist nur eine Szene für den Film wirklich interessant, da Lourdes hier schon früher dem armen González ihren ganz großen Masterplan für sie beide erläutert. Jede Szene wird noch von einer kleinen Onscreen-Einleitung von Iglesia begleitet. In drei knappen Einzelinterviews (zusammen ca. 6 Min.) erzählen der Regisseur und seine beiden Hauptdarsteller noch etwas allgemeiner ihre Meinung über den Film. Leider etwas zu knapp. Zum Abschluss gibt’s noch drei Trailer, TV-Spots und einer Bildergalerie zu sehen.

FAZIT

Auch mit “Ein ferpektes Verbrechen” stellt der spanische Regisseur Alex de la Iglesia unter Beweis, dass er einer der unterschätztesten Regisseure der iberischen Halbinsel ist. Irrwitzige Figuren, eine gehörige Portion schwarzer Humor und eine schonungslose Tendenz zur bissig-satirischen Kompromisslosigkeit machen auch diesen Film zu einem Erlebnis. Die Special Edition von e-m-s lässt zudem keine Wünsche offen. Ein Verbrechen, wer bei dem kleinen Preis nicht zuschlägt.



Kay Pinno