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REVIEWS



Fassbinder: Satansbraten   

Fassbinder: Satansbraten
    
Original: Stansbraten   (BRD, 1976)
Laufzeit: 107 Minuten (PAL)
Studio: e-m-s
Regie: Rainer Werner Fassbinder
Darsteller: Kurt Raab, Helen Vita, Volker Spengler u.v.a.
Format: 1.33:1 Vollbild
Ton: DD2.0-Mono Deutsch
Untertitel: Deutsch, Englisch, NL
Extras: Interview, Dokumentation, Kurzfilm,Fotos
Preis: ca. 22 €
Wertung: 1 / 2- / 1 (Bild/Ton/Extras)


"Teuflische Tränen für Fassbinder."

Nachdem mit “Angst essen Seele auf”, “Händler der vier Jahreszeiten”, “Der amerikanische Soldat” und “Katzelmacher” bereits vier Filme des renommierten Regisseurs Rainer Werner Fassbinder in vorbildlicher Weise auf DVD erschienen sind, hat E-M-S nun die zweite Staffel (“Die bitteren Tränen der Petra von Kant”, “Satansbraten”, “Götter der Pest”, “Liebe ist kälter als der Tod”) der Fassbinder-Collection veröffentlicht. Zur Verfügung gestellt wurden uns “Satansbraten” sowie “Die bitteren Tränen der Petra von Kant” Mit beiden Filmen markiert Fassbinder sein künstlerisches Schaffen, dass vom konsequent zurückhaltend inszenierten Melodram bis zur überdrehten Satire reicht. In die letztere Kategorie gehört Satansbraten. Zu Beginn sieht man den Dichter Walter Kranz, der im Vorzimmer seines Verlegers versucht, einen weiteren Vorschuss zu erhalten. Als er ihn nicht bekommt, uriniert er aus Rache in den Tank der Verlegerautos. Das Problem des Walter Kranz ist seine künstlerische Blockade. Zu Hause hat er eine kränkliche Ehefrau, die ihn sexuell kaum noch interessiert und einen Bruder, der gerne Fliegen sammelt. Auf einmal kommt Kranz auf die Idee, er könne ein Buch über eine Prostituierte schreiben. Also besorgt er sich eine, damit sie ihm aus ihrem Leben erzählt. In einem plötzlichen Anfall hat Kranz in seiner Wohnung vor aller Augen Sex mit ihr. Frauengeschichten sind sein zweites Hobby. Die reiche Frau von Witzleben, welche ihn auch finanziell unterstützt, gehört ebenso zu seinen Freundinnen, wie die Ehefrau eines Freundes. Als er aus seiner Schaffenskrise heraus in einer Eingebung ein Gedicht schreibt, das identisch mit einem Werk Stefan Georges ist, steigert sich Walter Kranz in den Wahn, eine Wiedergeburt Georges zu sein. Er lädt sich bezahlte Gönner zu seltsamen Lesungen ein. Fassbinder zeichnet ohne Rücksicht auf Verluste das absurde Portrait eines Dichters, der sich in seiner Schaffenskrise immer realitätsfremder gebärdet. Mit bösartigem Blick seziert er dabei sowohl den intellektuellen Kulturbetrieb, der sich in bizarren Starkulten entlädt, wie er auch ein groteskes Gebilde aus Macht und Abhängigkeiten gestaltet. Niemand widerspricht den überdrehten Einfällen und Machtspielen des Walter Kranz, der sich, obschon nur noch ein Wrack seines einstigen Schaffens, immer noch rücksichtslos verhalten kann.

“Die bitteren Tränen der Petra von Kant” gestaltete Fassbinder nach einem eigenen Theaterstück, das als bedingungsloses Melodram beschrieben werden kann. Zu Beginn sieht man Petra von Kant in ihrem Appartement. In ihrem Gespräch mit einer Freundin erfährt man, dass sie in ihren Beziehungen von Männern enttäuscht worden ist. Im laufe der Handlung, die sich nur in dem einen Appartement-Raum abspielt lernt Petra von Kant eine Frau kennen, zu der sie sich hingezogen fühlt. Nach all den bitteren Erfahrungen versucht sie ihr Glück in weiblichen Armen. Analog zu den drei Akten des Theaterstücks gibt es nur drei Sequenzen im ganzen Film. Auch hier spielt Fassbinder erneut sein Lieblingsthema um persönliche Abhängigkeiten durch. Petra von Kant erweist sich als bedingungslos liebende Frau, die nach einem letzten Rettungsanker zu greifen versucht. Aber das scheinbare Glück entpuppt sich als Falle. Zu sehr hat sie sich und ihre Existenz mit dem glücklichen Ausgang der Beziehung verknüpft. Virtuos inszeniert Fassbinder im Verbund mit einer brillanten Kameraarbeit von Michael Ballhaus sein Kammerspiel. In immer neuen Perspektiven wird der eine Spielort zum Handlungsträger, zum Kommentator der inneren Verfassung der auftretenden Figuren.

BILD

Fassbinder: Satansbraten

e-m-s hat den Filmen eine neue Abtastung im Originalformat spendiert, und das ist gut so. In besserer Qualität wird man die beiden Werke wohl kaum noch zusehen bekommen. Die Vorlage ist, wie nicht anders zu erwarten, hervorragend. Schäden gibt es nicht. Dank der neuen Abtastung glänzen die Filme in der optischen Verfassung, wie sie von Fassbinder gedacht sind. Die Farben sind kräftig und klar, der Kontrast ausgezeichnet. Winzige Rauschmuster beeinträchtigen den Sehgenuss nicht. Vor allem bei “Die bitteren Tränen der Petra von Kant” kommt die visuelle Gestaltung des Appartements hervorragend zur Geltung. Ein großes, rotes Wandgemälde, das für die Handlung nicht unerheblich ist, profitiert davon besonders.

TON

Fassbinder: Satansbraten

Der Ton liegt zwar nur in Mono vor, aber anders sind die Filme auch nicht gedreht worden. Ohne großes Rauschen ist alles verständlich und klar. Vor allem bei “Satansbraten” kann man sich über die sehr deutliche, ins künstliche gehende Aussprache der Dialoge freuen. Man hat fast das Gefühl, sich selbst im Film zu befinden.






EXTRAS

Die Bonus-DVD ist bei allen vier Veröffentlichungen identisch. Neben einem Werkverzeichnis Rainer Werner Fassbinders mit Trailern zu manchen Filmen und gesprochenen Biographien befindet sich die 90minütige Dokumentation “Life, Love and Celluloid” darauf. Angesichts der Fassbinder-Retrospektive im New Yorker Museum of Modern Art (1997), in der alle Filme des Regisseurs zu sehen waren, verbindet die Dokumentation Statements an der Retrospektive Beteiligter zum Werk Fassbinders mit kommentierenden Stadtbildern New Yorks. Gleichzeitig versucht der Film, Fassbinder mit der deutschen Geschichte in Beziehung zu setzen und seinem Wesen nachzuspüren. “Life, Love and Celluloid” versteht sich demzufolge nicht als reine Informations-Dokumentation, sondern verfolgt eher einen künstlerischen Ansatz, der assoziativ zu arbeiten versucht. Das ist zwar nicht in allen Teilen gelungen, aber interessant ist es allemal. Außerdem enthält die DVD noch Fassbinders 11minütigen Kurzfilm “Der Stadtstreicher”.

FAZIT

e-m-s hat auch mit der zweiten Staffel der Fassbinder-Collection wieder hervorragende Arbeit geleistet. Sowohl “Satansbraten” als auch “Die bitteren Tränen der Petra von Kant” liegen in vorbildlicher Qualität vor. Da fällt es leicht, zuzugreifen.



Stefan Dabrock