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REVIEWS



Hard Boiled   

Hard Boiled
    
Original: Lashou shentan   (Hongkong, 1992)
Laufzeit: 93 Minuten (PAL) (FSK 16-Fassung)
Studio: e-m-s
Regie: John Woo
Darsteller: Chow Yun Fat, Tony Leung Chiu Wai, Anthony Wong, Teresa Mo, Philip Chan u.v.a.
Format: 1.85:1 Widescreen (16:9)
Ton: DTS Deutsch DD5.1 Deutsch, Kanton.
Untertitel: Deutsch
Extras: Trailer, Biographien, Essay
Preis: ca. 15 €
Wertung: 2+/ 2 / 5+ (Bild/Ton/Extras)


"Dritter Weltkrieg Reloaded!"

Mit “Hard Boiled” gab Action-Gott John Woo anno 1992 seine Abschiedsvorstellung in seiner Heimat Hongkong, um schließlich in Amerika Filme machen zu können. Im Gegensatz zu seinen hoch emotionalen “Heroic Bloodshed”-Filmen wie “The Killer”, “Just Heroes” und “Bullet in the Head” ist “Hard Boiled” (der originale Titel ist eine Anspielung auf den chinesischen Titel von “Dirty Harry” und heißt auf Englisch so viel wie “Hot handed God of Cops”!) auf den ersten Blick eher eine kühl distanzierte Baller- und Explosionsorgie. “John Woo schleimt sich schon mal in Hollywood ein”, war damals mein erster Gedanke, da mir der Film im Gegensatz zu seinen Vorgängern zunächst nicht wirklich gefiel. Es fehlten einfach die wuchtig-schockierenden Zeitlupen-Blutfontänen und - viel schlimmer - die niederschmetternde Emotionalität, die Woos Filme bis dahin doch so ausgezeichnet hatte. Was war passiert?! Ich war damals einfach zu blöd, um Woos clever gestricktes Filmchen sofort zu durchschauen. Daran ist der Maestro allerdings auch selbst schuld. Seine kompakte Geschichte reicht eigentlich für einen 90-Minuten-Film. Den Rest füllt der er mit einem Action-Overkill an, der bequem für vier weitere Filme gereicht hätte. Durch diesen Bleimantel bleibt die äußerst gelungene Story, die das Undercover-Cop-Motiv aus Ringo Lams wegweisendem “City on Fire” zu neuen Höhen führt und danach erst in den “Infernal Affairs”-Filmen wieder aufgegriffen wurde, vielen Zuschauern oft verborgen. Besonders Tony Leung darf dabei nach “Bullet in the Head” schauspielerisch noch einmal so richtig aufdrehen, während Chow Yun Fat eher im lässigen Leerlauf den leicht aufbrausenden Supercop für’s Grobe namens “Tequila” gibt. In Hongkong tobt der blutige Bandenkrieg zwischen den Waffenschiebern von Onkel Hui (Hoi Shan Kwan) und Johnny Wong (Anthony Wong erhebt sich hier zur Ikone des Bösen im Hongkong-Kino!). Gleich zum explosiven Auftakt in einem Teehaus sorgt diese Fehde für mehr Leichen als ein durchschnittlicher Schwarzenegger-Film. Unter den Opfern des Massakers sind neben zahlreichen unschuldigen Gästen auch Tequilas Partner und ein Undercover-Agent, den Tequila auf dem Gewissen hat. Die angespannte Lage auf dem internationalen Waffenmarkt im allgemeinen und der nun erhöhte Druck durch die Polizei im besonderen zwingt den skrupellosen Wong zum weiteren Handeln. In einer Handstreich-Aktion radiert er Huis komplettes Lager einschließlich seiner Mannschaft mit Hilfe des Überläufers Alan (Tony Leung) aus. Dabei mischt auch Supercop Tequila mit. Bis an die Zähne bewaffnet stürzt sich der rabiate Bulle auch ohne offizielle Order auf die Gangster, um ihnen bleihaltiges Feuer unter dem Hintern zu machen. Damit bringt er allerdings einen weiteren verdeckten Ermittler in Gefahr, der genau wie Tequila das geheime Waffen-Versteck von Johnny Wong ausfindig machen will. Nach dem neuerlichen Gangster-Gemetzel sind aber auch noch die überlebenden Mitglieder aus Huis Gang auf den Fersen von Wong, um Rache an Verrätern und Spitzeln zu nehmen. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt. Da ihm bei seinen Triadenfilmen wie “A better Tomorrow” gerne vorgeworfen wurde, dass er das Verbrechen glorifiziere, wollte Woo mit “Hard Boiled” einen Film machen, in dem die Polizisten die klaren Helden sind. Das schwere, moralisch ambivalente Schicksal von Undercover-Ermittlern und die Schwierigkeiten im Kampf gegen das organisierte Verbrechen stehen deshalb im Zentrum von Woo’s wuchtiger Blei- und Blutoper. Die Triaden sind hier entweder “aussterbende Dinosaurier” einer vergangenen Ära der (falschen?) Ehrenhaftigkeit wie Onkel Hui oder Werte-lose Wahnsinnige der jüngeren Generation wie Johnny Wong. Die Frage, wie weit Polizisten im Kampf gegen das Verbrechen auch über die gesetzlichen Reglements gehen dürfen bzw. müssen und welche moralischen Implikationen für die betreffenden Person damit verbunden sind, schildert “Hard Boiled” in den wenigen ruhigen Momenten sehr eindrucksvoll. Die Absolution in Sachen polizeilicher Gewaltausübung erteilt John Woo als Ex-Cop und Barkeeper einer Jazz-Bar, in der Tequila Musik spielt, ganz persönlich: “Die Verbrecher sind noch viel härter!” Die Inszenierung der Action wird in “Hard Boiled” zum Schwanengesang für den chinesischen Ballermeister, der hier ein Feuerwerk von bisher nicht wieder erreichter Größe im Kino abfeuert. Der Showdown in einem Krankenhaus ist in seiner ausgewalzten Gewagtheit schon Filmgeschichte und bietet so unglaubliche Einfälle wie eine vierminütige Plansequenz, in der sich Chow Yun Fat und Tony Leung kontinuierlich durch ein Heer von Angreifern schießen müssen. “Hard Boiled” bleibt ein betäubend grandioses Stück Actionkino, das in seiner radikalen Inszenierungswut noch immer vergeblich seinesgleichen sucht.

BILD

Hard Boiled

Gegenüber allen bisherigen weltweiten Veröffentlichungen dieses Titels ist der neue anamorphe Transfer (1.85:1) von e-m-s eine echte Offenbarung. Die Vorlage wurde weitestgehend von Schmutz bereinigt. Trotzdem sind an zwei, drei Stellen noch deutliche Drop-Outs des Negativs zu sehen, die wohl nicht digital entfernt werden konnten. Ansonsten ist das Bild extrem detailreich und rauscharm. Die Farben wurden anständig korrigiert und sind durchgängig kräftig aber nicht unnatürlich überbetont. Die Schärfe ist sehr gut, aber lässt einen deutlichen Unterschied zu vielen Zeitlupenaufnahmen erkennen, die insgesamt etwas grobkörniger wirken, was allerdings an der Vorlage liegt. Der Schwarzlevel ist solide aber könnte noch ein wenig tiefer sein. Die Kompression macht keine Schwierigkeiten und liefert ein stabiles Bild ohne Artefakte oder Hintergrundrauschen. Das klare Fazit lautet, dass “Hard Boiled” noch nie so gut im Home Video Bereich ausgesehen hat. Danke, e-m-s.

TON

Hard Boiled

Tonal wurde auch endlich mal ordentlich an der Qualitätsschraube gedreht, wenngleich auch keine Wunder vollbracht wurden. Dennoch wird der Ton in DD5.1 und DTS ordentlich aufgewertet. Die stimmungsvolle Musik wurde jetzt endlich auf alle Surroundkanäle verteilt und macht das “Eintauchen” in die Action sehr viel leichter. Die Soundeffekte der Schießeren sind aber größtenteils auf die Frontstage beschränkt, während nur die Explosionen einen größeren Radius im Soundfeld einnehmen. Die Dialoge liegen sicher im Centerkanal und sind gut verständlich. Wichtig ist hierbei, das e-m-s den Film mit recht guten Sprechern komplett neu synchronisiert hat, was insofern nicht weiter schlimm ist, da die alte Synchronisation nicht wirklich geglückt war. Doch selbst diese Neuauflage ist sicherlich nicht als perfekt zu bezeichnen. Deshalb darf man sich auch über den originalen, kantonesischen Ton in DD5.1 freuen. Leider basieren die deutschen Untertitel allerdings auf der neuen deutschen Synchronisation statt einer (literarischen) Übersetzung - ein kleines, aber verschmerzbares Manko.

EXTRAS

Als Extras gibt’s drei Trailer zum Film, bei denen leider der großartige Vorab-Promotionstrailer mit einer alternativen Musik nicht dabei ist. Zwei Bildergalerien, ein eher schwaches Mini-Essay über “Hard Boiled” von “Film ohne Grenzen”-Autor Ralph Umard und Kurzbiografien zu John Woo, Chow Yun Fat und Tony Leung bilden die spärliche Restausstattung der DVD.

FAZIT

Mit ihrer neuen DVD von “Hard Boiled” bringt e-m-s den Actionklassiker in der weltweit bisher besten Bild- und Tonqualität, die bisherige Veröffentlichungen des Titels vermissen ließen. Dass die Extras dabei etwas zu kurz kommen, wird da schon fast zur Nebensache. Ein Volltreffer.



Kay Pinno