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REVIEWS



Osterman Weekend, The   

Osterman Weekend, The
    
Original: The Osterman Weekend   (USA, 1983)
Laufzeit: 101 Minuten (PAL)
Studio: Anchor Bay
Regie: Sam Peckinpah
Darsteller: Rutger Hauer, Craig T. Nelson, John Hurt, Dennis Hopper, Burt Lancaster u.v.a.
Format: 1.85:1 Widescreen (16:9)
Ton: DTS Englisch DD 5.1 + DS Englisch
Untertitel: Englisch
Extras: Kommentar, Director’s Cut, Dokum. u.m.
Preis: ca. 15 Pfund
Wertung: 1-/ 2-/ 1 (Bild/Ton/Extras)


"Spy vs. Spy"

Nachdem er nach “Convoy” fünf Jahre in seiner eigenen Hölle aus Drogen, Alkohol, Paranoia ausgeharrt hatte, lieferte Sam Peckinpah 1983 seinen letzten Film ab: “The Osterman Weekend”. Nach einer Romanvorlage von Robert Ludlum bastelte der schon schwer erkrankte Ausnahmeregisseur einen Film, der seinen paranoiden Inhalt auf das Produkt überträgt. Peckinpah gaukelt dem Zuschauer zahlreiche Genre-Konventionen vor, um sie dann völlig abrupt in etwas ganz anderes umschlagen zu lassen. Nichts ist hier wie es scheint - auch nicht der Film selbst. Alles dreht sich um den gefürchteten TV-Journalisten John Tanner (Rutger Hauer), der in seiner Sendung “Face-to-Face” in heißen Interviews seine Gesprächspartner aus Politik und Wirtschaft völlig demontiert. Als Tanner die Gelegenheit bekommt, mit CIA-Kopf Maxwell Danforth (Burt Lancaster) ein Gespräch zu führen, offenbart im stattdessen sein Handlanger Lawrence Fasset (John Hurt), dass seine drei besten Freunde aus der Studienzeit in Wirklichkeit feindliche Agenten sind, die mit den Russen kooperieren. Auf ihrem jährlichen Treffen bei den Tanners will Fasset mit Hilfe von Tanner einen der Spione “umdrehen”, damit er für sie als Maulwurf arbeiten kann. Doch schon bevor Bernie Osterman (Craig T. Nelson), Richard Tremayne (Dennis Hopper) und Joey Cardone (Chris Sarandon) bei Tanner eintreffen, scheinen die Dinge zu eskalieren. Das “Osterman Weekend” ist Agententhriller, bitterböse Mediensatire, Midlife-Crisis Drama, Rache-Film und politischer Protest gegen die Reagan-Ära. All diese Elemente werden verpackt in ein Kleid aus Medienmanipulation und elektronischem Voyeurismus (“Big Brother” lässt schön grüßen!) der David Cronenbergs “Videodrome” (übrigens ebenfalls 1983 entstanden!!!) locker das Wasser reichen kann. Das “Osterman Weekend” lässt sich so nur schlecht in eine Schublade stecken und die bewusste Nutzung medialer (Schein-)Realität, die in Peckinpahs originalem Ende (s.u.) noch wesentlich deutlicher herauskommt, macht den Film für den Durchschnittszuschauer eher schwer zugänglich. Wer sich aber einen Moment Zeit und von Peckinpahs virtuellen Fußangeln nicht schnappen lässt, bekommt einen visionären Film zu sehen, der - wie üblich bei Peckinpah - seiner Zeit weit voraus war.

BILD

Osterman Weekend, The

Anchor Bay beweist mit “The Osterman Weekend” wieder einmal, wie gut selbst alte und völlig vernachlässigte Filme aussehen können. Das anamorphe Widescreenbild (1.85:1) ist in phänomenalem Zustand. Dreckspuren und Spratzer sind auf der Vorlage nicht vorhanden. Schärfe und Kontrast sind größenteils von exzellenter Qualität. Nur der Kontrast in dunkleren Szenen ist etwas zu harsch gewählt und lässt Dteails gerne verschwinden. Dies liegt auch an dem sehr tiefen Schwarzlevel, der besonders im Finale Details sehr stark verschluckt. Dies gehört aber auch teilweise zum Look des Films, der eine sehr realistisch matte Atmosphäre verbreitet. Dies zeigt sich auch in der reduzierten Farbpalette. Sehr sauber allerdings absolut matt entsprechen die Farben dem speziellen Look des Films. Die Kompression ist sehr gut und verhindert Hintergrundrauschen und die Bildung von digitalen Artefakten. Ein sehr guter Transfer für einen 20 Jahre alten Film.

TON

Osterman Weekend, The

Auch in der Soundabteilung hat Anchor Bay wieder keine Kosten und Mühen gescheut. Der DTS-Track ist schon ein erstaunlicher Upmix für den original in Mono aufgenommenen Film. Obwohl sich der Löwenanteil der Aktivität auf die Frontstage beschränkt sind sowohl Lalo Schifrins Musik als auch ausgewählte ambiente Soundeffekte sehr gut auf die Surroundkanäle verteilt. Besonders das explosive Finale kann hier mit sehr guten gezielten Effekten aufwarten, die dank DTS auch den richtigen Rumms im Tiefbassbereich haben. Die Dialoge sind fest im Center verankert und werden nur gelegentlich bei Perspektiven-Wechseln in den Hintergrund der Soundstage verlegt. Die Mono-Herkunft können die Dialoge aber nicht ganz verleugnen. Oft klingen sie deshalb ein wenig muffelig und verhallt. Trotzdem bleiben alle Dialoge noch gut verständlich. Der Dolby Digital Track ist ein wenig reduzierter als die DTS-Version und bietet weniger Wumms im Bass. Trotzdem ist er noch mehr als ordentlich und deutlich offener als der ebenfalls vorhandene Stereo-Upmix.

EXTRAS

Die Extras des elaboraten 2-er Disc Set von Anchor Bay liefern wirklich alles, was man sich zum letzten Kapitel von Peckinpah filmischen Schaffen wünschen könnte. Zum Film selbst gibt es einen Audiokommentar mit den Peckinpah-Experten Paul Seydor, Garner Simmons, David Weddle und Nick Redman. Alle vier Autoren haben Bücher über den Regisseur veröffentlicht und geben einen wirklichen guten Blick auf die unterschiedliche Sichtweisen auf den Film und seinen Entstehungsprozess. In lockeren Dialog wird ohne Pausen niemals langweilig oder trocken über die verschiedensten Aspekte des “Osterman Weekend” diskutiert. Auch Nicht-Filmwissenschaftlern dürfte hier ein wesentlich besserer Zugang zum Film ermöglicht werden. Die richtigen Kracher befinden sich allerdings auf der zweiten Scheibe der “Commemorative 2 Disc Edition”.

Extrem ausführlich dokumentiert der 78-minütige Film “Alpha to Omega” die ungewöhnliche Entstehungsgeschichte des Films anhand von neuen Interviews mit fast allen Beteiligten (nur Dennis Hopper fehlt). Von der ungewöhnlichen Independent-Finanzierung von Peter Davis und William N. Panzer (die keine zwei Jahre später “Highlander” produzierten) über die hochkarätige Ensemble-Besetzung bis zu allen Marotten von Sam Peckinpah wird in dieser Dokumentation kein Stein ungedreht gelassen. Mit rührigen bis erschreckenden Erinnerungen schlägt diese Dokumentation selbst die meisten “Making ofs”, die Anchor Bay selbst produziert hat. Obwohl der Film selbst nicht so erfolgreich war, scheinen alle Beteiligten trotzdem mehr noch als glücklich zu sein, in einem Sam Peckinpah Film mitgespielt zu haben. Äußerst vorbildlich! Die größte Überraschung dürfte aber die Wiederentdeckung von Sams erster Schnittfassung sein, die eigentlich als verschollen galt. Wie bei fast allen seinen Filmen, haben die Produzenten auch bei “The Osterman Weekend” nachträglich Hand angelegt, um den Film für das Publikum zugänglicher zu machen (Was ihnen aber trotzdem nicht geglückt ist!). Auf einem alten Betamax Video Tape hat der Director’s Cut jedoch überlebt. Die Qualität dieses “Rettungstransfers” wäre mit mäßig noch sehr schmeichelhaft umschrieben. Im 4:3 Format ist das Bild voller Dropouts, sehr matschig und ebenfalls mit einem hässlichen Nachzieheffekt versehen. Da es sich bei dieser Version um einen Rohschnitt handelt, läuft das Bild auch zuweilen in ein grieseliges Schwarz-Braun-Bild vom Rollenende des Films aus. Abgesehen von verschiedenen längeren Einstellungen gibt es nur drei gravierende Veränderungen zum eigentlichen Film. Die berüchtigte Eröffnungsszene zeigt explizitere Details der nackten Frau und ist vollständig mit einem Wellen-Video-Effekt verfremdet. Tanner hat eine Affäre mit seiner Regisseurin, die er schließlich Tod auffindet. Das Ende des Films (ab der finalen TV-Diskussion) ist komplett anders geschnitten und lässt eine noch sehr viel eher an “Videodrome” orientierte Deutungsweise zu. Weiterhin gibt es noch einen Kinotrailer und eine Bildergalerie mit verschiedenen Postermotiven des Films zu sehen.

FAZIT

“The Osterman Weekend” ist ein Film, der gerade in unseren medial überfluteten und politisch heiklen Zeiten einer dringenden Neuentdeckung bedarf. Was in den frühen 80-ern noch fast wie Science Fiction aussah, das ist heute schon längst bittere Realität geworden. Inszenierte Medienkriege und Geheimdienstverschwörungen zur Machtausübung dürften Nachrichtenguckern bekannt vorkommen. Peckinpahs visionärer Film ist durch Anchor Bay in einer perfekten Edition veröffentlicht worden, die selbst Sams verschollene Originalversion beinhaltet. Dringend für mutige Neuentdecker und Peckinpah-phile empfohlen.



Kay Pinno