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REVIEWS



Arn - Der Kreuzritter   

Arn - Der Kreuzritter
    
Original: Arn – Tempelriddaren / Arn - Riket vid vägens slut   (Schweden/Großbritannien, 2007/08)
Laufzeit: ca. 128 min
Studio: Sunfilm Entertainment
Regie: Peter Flinth
Darsteller: Joakim Nätterqvist, Sofia Helin, Nicholas Boulton, Milind Soman
Format: 2.35:1 (16:9)
Ton: DTS 5.1 Deutsch, DD 5.1 Deutsch, Englisch, Schwedisch
Untertitel: Deutsch
Extras: Making of, Autoreninterviews
Preis: ca. 15 Euro
Wertung: 1-/ 1-/ 2 (Bild/Ton/Extras)


"Wo sind die 150 Minuten geblieben?"

Der teuerste schwedische Spielfilm aller Zeiten ist ein Schlachtenepos, eine ergreifende Liebesgeschichte, ein Film über Verrat, Heldentum, Ehre: "Arn – Der Kreuzritter" hat das Zeug zu einem Fim, bei dem auch Männer weinen dürfen. Ein bisschen "Braveheart" hier, ein bisserl "Königreich der Himmel" da, da kann doch eigentlich nichts schief gehen, oder?

Oh doch, es kann. Aber nicht etwa, weil hier Nichtskönner oder andere Filmverhunzer hinter der Kamera gestanden hätten. Denen ist an dem Debakel, das der DVD-Player hier ertragen muss, keine Schuld anzulasten. Ob Regisseur, Effekt-Künstler, etc.: Diese Leute haben einen anständigen Job abgeliefert. Was also macht diese DVD zu einem Ärgernis?

Na, es ist nicht die Geschichte!
Schweden 1150. Arn (Joakim Nätterqvist) ist der Sohn einer angesehenen Familie. In einem Kloster aufgewachsen, erlernte er von einem Mönche, einem ehemaligen Tempelritter, das Kriegshandwerk. Als junger Mann ist es für ihn an der Zeit die Klostermauern zu verlassen und nach Hause zurück zu kehren. Dort lernt er die wunderschöne Cecilia (Sofia Helin) kennen. Cecilia ist allerdings einem recht fiesem, gemeinen Clan versprochen, der seit langer Zeit die Macht über Schweden erlangen will. Von den Hormonen getrieben, lassen Arn und Cecilia alle Vernunft fahren. Doch als sich Cecilia ihrer hässlichen Schwester anvertraut, ist diese derart eifersüchtig, dass sie behauptet, Arn habe nicht nur Cecillia, sondern auch sie "bestiegen". Die Strafe für die Liebenden ist wirklich gemein: 20 Jahre sollen sie getrennt voneinander leben, entscheidet der Bischof als Richter und oberster Hüter von Moral und Anstand. Sie im Nonnenkloster, er bei den Brüdern, bei denen er aufwuchs. Die aber senden ihn ins Heilige Land.

Bis zu diesem Punkt ist „Arn – Der Kreuzritter“ ein wirklich ergreifender, atmosphärisch ungemein dichter Film. Die Liebesgeschichte von Arn und Cecilia in ihrer Reinheit und Aufrichtigkeit – und die Lüge der Schwester... Ach, es ist unmöglich, von dieser Geschichte nicht gefesselt zu sein. Doch dann bricht dieser wunderbare Film auseinander und harkt brav die nun kommenden Episoden im Leben des Arn ab (basierend auf insgesamt drei Romanvorlagen des schwedischen Autors Jan Guillou). Da ist Arn im Heiligen Land, kämpft gegen die Muselmanen, bekriegt sich mit einem anderen Tempelritter, ist zu einem Friedensschluss mit Saladin bereit, kämpft mal hier, mal dort, erlangt Respekt bei seinen Feinden, die dann auch während einer Schlacht sein Leben verschonen, tja, und irgendwann kehrt er zurück nach Hause, während Cecilia die Hasstiraden ihrer Äbtissin erträgt, eine gleichgesinnte Verdammte kennen lernt (die dann praktischerweise Königin von Schweden wird), gleichfalls nach 20 Jahren das Kloster verlässt und Arn wiedersieht. Happy End?
Nein, denn nun kommen die Jungs vom bösen Clan, die Schweden endlich regieren wollen, selbst wenn sie dafür mit den ungeliebten Dänen paktieren müssen. Also muss Arn schon wieder in den Kampf ziehen...
Das alles wirkt wenig durchdacht, wie eine Ansammlung von Einzelepisoden, denen der Zusammenhang fehlt. Und genau das sind sie auch: Es sind Einzelepisoden.

Und jetzt kommt die Erklärung dafür, warum diese DVD-Veröffentlichung nur als Desaster betrachtet werden kann: Das, was in Deutschland als "Arn – Der Kreuzritter" verkauft wird (nicht zu vergessen mit dem Hinweis, es sei der teuerste Film aus skandinavischen Landen), ist in Wahrheit ein Zusammenschnitt aus zwei Filmen! Nämlich von "Arn – Tempelriddaren" aus dem Jahre 2007 und "Arn - Riket vid vägens slut" aus dem Jahre 2008. Beide Filme sind jeweils 139 Minuten lang. Bei einer Gesamtlaufzeit von 278 Minuten bedeutet das, dass die deutsche DVD mal eben um 150 Minuten im Vergleich zu den schwedischen Originalen gekürzt ausfällt. 150 Minuten, die vielleicht Fragen klären wie die, warum Arn nur in Begleitung eines Knappen das Heilige Land verlässt, aber mit einer kleinen Privatarmee in Schweden ankommt – und ganz nebenher der einzige Nordmann dieser kleinen Truppe ist. Oder welche Rolle spielt eigentlich Stellan Skarsgård in diesem Film? Der schwedische Hollywoodschauspieler, der zuletzt in "Mamma Mia" zu sehen war, kommt in der deutschen Fassung nur als eine kleine Nebenfigur ohne allzu große Bedeutung vor.

Wer da geschnitten hat? Das ist natürlich nicht in Erfahrung zu bringen, denn niemand will es wirklich gewesen sein. Nur irgendjemand hat es getan. Die schwedischen Produzenten, die für den internationalen Markt eine gekürzte Fassung vermarktet haben? Der deutsche Rechteinhaber, denen das Original irgendwie schwedisch vorkam? Egal, denn wer immer es getan hat, hat ein hoch interessantes Epos seiner Geschichte beraubt.

BILD

Arn - Der Kreuzritter

Es ist eine Schande - solch ein tolles Bild. Und dann fehlen 150 Minuten. Da wird der Film über die Schmerzgrenze hinaus verstümmelt, und dann ist die DVD - technisch betrachtet - wirklich brillant. Die Farben sind kontrastreich und fein gezeichnet, Tagesszenen sind taghell (und nie überblendet), Nachtsequenzen scharf und konturreich, da geht nichts in Hintergründen verloren, da muss nichts heller gestellt werden. Der Transfer ist hervorragend, da gibt es nichts zu kritisieren. Eine hervorragende Arbeit.

TON

Arn - Der Kreuzritter

Wenn Arn in eine Schlacht zieht, dann ist quasi jeder einzelne Pfeil hörbar, jeder Schwerthieb hat einen eigenen Klang. Der Sound ist wirklich perfekt ausgearbeitet, die Dialoge sind klar und ausdrucksstark, sowohl in der deutschen als auch in der schwedischen Fassung. Hervorragend!



EXTRAS

Wenn man schon den teuersten Film dreht, scheinen sich die Schweden gedacht zu haben, soll auch dem DVD-Zuschauer einiges an Extras geboten werden. Zwei Making ofs lassen viele Beteiligte zu Wort kommen. Klar, vieles ist Promotion für den Film, aber eben nicht nur. Die Ausführlichkeit der Dokumentationen bietet eben auch einen echten Blick hinter die Kulissen, der Filminteressierte wird viele Fragen zum Dreh beantwortet bekommen; das ist wirklich sehr schön und einer Großproduktion absolut würdig.

Herausragend ist das Interview mit dem Autor der Romane, Jan Guillou. Ausführlich beantwortet er die Fragen, die ihn dazu bewogen haben, sein Epos zu schreiben. Er macht keine Werbung für seine Romane, nein, er gibt ein offenes, ehrliches Interviews, das ungemein viel über seine Arbeit verrät. Fast möchte man sich nach diesem Interview noch einmal den Film anschauen, aber eben nur fast, denn eigentlich ist dies ja gar nicht sein Epos. Es ist ja nur eine Best-of-Version.

FAZIT

Was für eine DVD, was für ein Debakel. Die technische Perfektion der Präsentation steht außer Frage. Das ist Champions-League-Niveau. Die Schnittfassung aber, die hier als "Film" verkauft wird, dürfte höchtens in der Kreisliga eine Heimat finden.



Christian Lukas