Diese Webseite verwendet Cookies. Durch die weitere Nutzung erklären Sie sich damit einverstanden. Mehr Informationen  
DVDrome - das Blu-Ray und DVD Online-Magazin

REVIEWS



Milk   (BLU-RAY)

Milk
    
Original: Milk   (USA, 2008)
Laufzeit: 128 Min. (1080p)
Studio: Constantin
Regie: Gus Van Sant
Darsteller: Sean Penn, Emile Hirsch, Josh Brolin, Diego Luna, James Franco u.v.a.
Format: 1.85:1 Widescreen (16:9)
Ton: DTS-HD-Masteraudio 5.1 Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch
Extras: 3 Featurettes, Deleted Scenes, Interviews u.m.
Preis: ca. 20 €
Wertung: 1-/ 2 / 3+ (Bild/Ton/Extras)


"Jesus Christus - schwuler Star!"

Mit der Biographie des Schwulen-Aktivisten Harvey Milk hat sich Gus van Sant eindringlich beschäftigt. Seit über 15 Jahren hatte er versucht eine Verfilmung des Stoffes an den Mann zu bringen. Wie so oft bei solch ehrgeizigen Vorhaben geht dann aber bei der Realisierung einiges daneben. Van Sant versucht verzweifelt, Milk (Sean Penn) als aufrührerische Jesus-Figur der Schwulenbewegung zu etablieren. Zu wenig erfährt man über den eigentlichen Menschen Milk, der später den Begriff "Coming out" (von "Coming out of the closet") prägen sollte. Erst mit 40 Jahren entscheidet er sich Anfang der 70-er Jahre, mit seinem alten Leben Schluss zu machen und in die Hippie- und Schwulenhochburg von San Francisco zu ziehen. Zusammen mit seinem Partner Scott Smith (James Franco beweist weiterhin sein großes Können) erlebt er die Anfeindungen von Polizei und Obrigkeit gegenüber den Außenseitern im Castro-Viertel. Um solchen Taten ein Ende zu setzen und sich für seine direkten (schwulen) Nachbarn einzusetzen, lässt sich Milk schließlich zur Wahl für ein offizielles Amt in der Stadtverwaltung aufstellen. Doch der Weg in den öffentlichen Dienst wird für den schwulen Aktivisten zu einem anstrengenden Spießrutenlauf gegen das Establishment.

Van Sant versucht sich an einer Chronologie der Ereignisse, die teilweise an den originalen Schauplätzen und viel Liebe zum Detail nachgestellt wurden. Thematisch verfehlt er aber sein Ziel. Wie das schwierige Leben eines Schwulen in der Öffentlichkeit tatsächlich aussah, bekommt der Zuschauer eigentlich nicht mit, sonder nur flüchtig am Rand erzählt. Die Leute in Milks Umfeld des Castro-Viertels entsprechen sogar eher dem Stereotyp von hippen wie sorglosen Tagedieben, die sich im Robin Hood Stil für die Schwulen einsetzen. Aus dieser Grundsituation stilisiert Gus van Sant seinen Milk mehr und mehr als messianischen Märtyrer, der sein (Privat-)Leben der großen Sache opfert. Von der Bergpredigt bis zur düsteren Vorahnung im Garten Getsemane am Vorabend des Todes lässt er dabei kein Bild aus.
Richtig schlimm wird allerdings die (brillant gespielte) Darstellung von Milks Nemesis im Stadtrat Dan White (Josh Brolin). Das tragische Potential dieser Person wird so ziemlich unter den Tisch gekehrt - und in einer Szene peinlich auf die Spitze getrieben: darin taucht White plötzlich volltrunken auf Milks Geburtstagsparty auf, um zu proklamieren, dass er "auch Probleme" hat. Punkt, Ende, aus. Dan White soll halt ein armer konservativer Hetero Mittelklasse Idiot sein, der nicht weiß, was die Uhr geschlagen hat. Dazu soll er möglicherweise auch ein repressiver Homosexueller sein. So spekuliert jedenfalls Milk, der das an seinen Augen ablesen kann. Uiuiuiui. Statt ein komplexes Bild des anscheinend innerlich zerfressenen Individuums White zu zeigen, beschränkt sich van Sant auf ein stereotypes Nichts. Solch eine platte Schwarz-Weiß-Zeichung gehört tatsächlich verboten.
In erfreulichen, ebenfalls schwulen Nebenrollen sind aber noch Emile Hirsch und Diego Luna zu sehen, die den Film nochmals deutlich aufwerten. Sean Penn versinkt förmlich in seiner Hauptrolle als Harvey Milk und schwankt gekonnt zwischen kecken Männeraufreißer wie schwulem Superstar und echtem Demagogen, der Menschen und Politik für seine Zwecke zu biegen lernt. Zu Recht wurde Penn für diese Rolle sein zweiter Oscar zugesprochen. Interessant bleibt zum Schluss nur die Frage, ob sich Harvey Milk, wäre er nicht erschossen worden, von der Macht, die er nur ein Jahr ausüben konnte, auf Dauer hätte korrumpieren lassen, wie dies sonst bei Politikern oft üblich ist.

BILD

Milk

Der anamorphe Widescreentransfer (1.85:1) ist eine wahre Augenfreude. Die Vorlage ist absolut fehlerfrei. Schärfe und Kontrast sind sehr gut und liefern auch die kleinsten Details in höchster Präzision. Auch das teilweise auf alt und 70-er Periode getrimmte Bild, das teilweise mit Original-TV-Aufnahmen versehen ist, wird exakt wiedergegeben. Die Farben sind sehr kräftig, aber ohne dabei überbetont oder unnatürlkich zu wirken. Der Schwarzlevel ist sehr tief, aber trotzdem detailreich. Die Kompression bleibt sauber und ohne Störfaktoren. Ein wirklich tadelloser Transfer.

TON

Milk

"Milk" ist kein Film der großen Töne, aber der DTS-HD-Masteraudio 5.1-Track sorgt für eine ausgewogene Klangkulisse, die die kleine Akzente und die Szenen der Massenaufmärsche in den Surroundkanälen gut betont. Die Musik ist teilweise im Verhältnis etwas lauter abgemischt, was aber in den zumeist Kollage-artigen Übergängen des Films nicht weiter stört. Die Dialoge sitzen fest und immer gut verständlich im Centerkanal. Störende Überlappungen oder Aussetzer konnten nicht festgestellt werden. Gut.

EXTRAS

Die Extras auf der Scheibe gehen in Ordnung. Dennoch wurde hier die Chance verpasst, das filmische Thema mal ausgiebig historisch zu beleuchten.
Immerhin gibt es die zwei kurzen Featurettes "Marsch für Gleichberechtigung" und "Erinnerung an Harvey Milk". In beiden Videos lassen sich Mitstreiter und Zeitgenossen von Harvey Milk über die im Film gezeigten Ereignisse aus. Davon hätte man sich gerne eine umgfangreichere Dokumentation gewünscht.
"Hollywood kommt nach San Francisco" kommt schließlich am nächsten an ein Making-of und zeigt etwas von der Location-Arbeit des Films in San Francisco.
Der "Blick hinter die Kulissen" zeigt nur einige Minuten an unkommentierten Setaufnahmen von einer Partyszene im Film.
Die zwei geschnittenen Szenen auf der Scheibe sind aus gutem Grund aus dem Film entfernt worden und können hier separat bestaunt werden: in Szene Nr.1 zweifelt Milk - wieder sehr Jesus gleich - an seiner Bestimmung, während Szene Nr. 2 einen herrlichen aber überflüssigen hysterischen Anfall von Diego Luna zeigt.
Separat können auch noch verschiedene einzelne PR-Interviews mit dem Regisseur und einigen Schauspielern abgerufen werden, die allerdings nur wenig Neues zu erzählen haben. Auch hier fehlt, wie im restlichen Material auch, die Stimme von Sean Penn, die doch schmerzlich im Bonusmaterial vermisst wird.

FAZIT

"Milk" melkt den Mythos der kämpferischen Schwulen in den 70-er Jahren stilvoll aber leider auch recht platt und teilweise pathetisch aus. Gus van Sant ergibt sich hier zu sehr in Schwarz-Weiß-Malerei. Sehenswert ist der Film aber wegen der starken Leistung der prominenten Ensemble-Besetzung. Die Blu-Ray bietet dazu ein erstklassiges Bild, sauberen HD-Ton sowie ein paar solide Extras.



Kay Pinno