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REVIEWS



Ein Haufen verwegener Hunde   

Ein Haufen verwegener Hunde
    
Original: Quel malledetto del treno blindato   (Italien, 1977)
Laufzeit: 95 Minuten (PAL)
Studio: Koch Media
Regie: Enzo Castellari
Darsteller: Bo Svenson, Fred Williamson, Raimund Harmstorf, Peter Hooten u.v.a.
Format: 1.85:1 Widescreen (16:9)
Ton: DD2.0 Deutsch, Englisch, Italienisch
Untertitel: Deutsch
Extras: Making of, Bildergalerie, Trailer
Preis: ca. 15 €
Wertung: 1-/ 4+/ 3+ (Bild/Ton/Extras)


"Desertieren oder Parieren!"

Fünf US-Boys haben die Schnauze gründlich voll von Uncle Sam - und das mitten im Schlachtfeld Europa des zweiten Weltkriegs. Mit Gehorsam, Disziplin und so absolut gar keinem Spaß an der Front sollte endgültig Schluss sein. Dafür sollen sie ins Militärkittchen wandern. Doch bei ihrer Verlegung vom Stützpunkt ins Gefängnis wird ihr Konvoi von den Deutschen angegriffen. Grund genug um erfolgreich das Weite zu suchen. Auf ihrer geradezu hanebüchenen Flucht geraten sie an den ebenfalls desertierten deutschen Major Sachs (Raimund Harmstorf) und an eine geheime Einsatztruppe, die hinter den feindlichen Linien mit Hilfe des französischen Widerstands eine mörderische Mission plant. Sie wollen einen schwer bewachten Zug überfallen, in dem Wissenschaftler an der Fertigstellung der V2-Rakete arbeiten. Für den Haufen verwegener Hunde ein gefundenes Fressen. Der Nazi-Zug könnte sie nämlich auch sicher bis in die Schweiz bringen. Eine selbstmörderische Mission beginnt.
Der italienische Exploitation-Meister Enzo Castellari (“Keoma”) verbastelt schamlos “Das dreckige Dutzend” mit “Von Ryans Express” zu einem seltsamen Mix, der nicht wirklich weiß, ob er absurde Militärkomödie, knallharter Kriegsfilm oder Abenteuerposse sein will. Bemerkenswert macht das Spektakel vor allem seine stimmige Ensemble-Besetzung: Bo Svenson verkörpert perfekt den rauhbeinigen Anführer mit Durchblick und der nötigen Portion Pragmatismus, während Blacksploitation-Ikone Fred Williamson wieder einmal herrlich und überlebensgroß sich selbst spielt. Blauauge Peter Hooten gibt dagegen den rassistischen Ganoven Tony mit exzellenter Hingabe, während Michael Pergolani - ein erstaunlicher Tom Savini Lookalike - als großer Organisator für die kleinen Annehmlichkeiten auf dem Schlachtfeld für die komischen Momente sorgt. Raimund Harmstorf hat leider nur einen kurzen aber dennoch denkwürdigen Auftritt als desertierter Wehrmachtssoldat, der in einer der seltsamen Wendungen des Films ein abruptes wie jähes Ende findet. Aus seinen wenigen Liren holt Castellari das für ihn erreichbare Maximum an Ausstattung und Explosionen heraus. Der ruppige Charme des Films entfaltet sich dabei im Einfallsreichtum seiner Macher: Wenn eine Nazi-Burg ganz ohne Feuerwaffen erstürmt werden muss oder sich ein paar nacktbadende Schönheiten plötzlich als ballernde Furien entpuppen, dann muss einem das schelmische Grinsen schon nachträglich chirurgisch entfernt werden. “Ein Haufen verwegener Hunde” ist eben dreckiges B-Actionkino - aber dies mit der ganzen Inbrunst den Zuschauer gekonnt und mit allen Mitteln überraschend zu unterhalten.

BILD

Ein Haufen verwegener Hunde

Die Vorlage des neuen anamorphen Widescreentransfers (1.85:1) ist in einem erstaunlich guten Zustand und so ziemlich frei von Dreckspuren oder anderen Alterserscheinungen des Filmprints. Dennoch zeigt sich das Alter des Filmmaterials. Insgesamt ist der Look des Films ein wenig weichgezeichnet. Dennoch ist der Kontrast und das Farbverhältnis ebenfalls sehr gut. Der Schwarzlevel ist zwar nicht mit aktuellen Produktionen vergleichbar, aber liefert einen passablen und nicht zu milchigen Eindruck. Die Kompression hält das Bild stabil und artefaktfrei. Ein erstklassiger Transfer für einen 30 Jahre alten Italo-Exploitationfilm. Sehr gut.

TON

Ein Haufen verwegener Hunde

Die Monoton-Spuren auf Deutsch, Englisch und Italienisch werden im DD2.0-Format präsentiert. Alle Tracks wurden so gut es eben geht aufgeräumt und rauschreduziert. Dennoch klingen alle drei Tracks recht unterschiedlich. Der deutsche Ton schneidet dabei sogar noch am Besten ab. Die Dialoge und die Musik sind sehr klar und bieten sogar ein wenig Dynamik. Dennoch lässt sich der Mono-Ursprung nicht verleugnen. Die “verlängerten” Passagen haben den italienischen Ton und automatische Untertiteleinblendung. Der italienische Track klingt ebenfalls gut, aber ein wenig künstlicher in den Dialogpassagen. Restlos künstlich und ein wenig dumpf hört sich die englische (ebenfalls komplett synchronisierte) Tonspur an. Hier besonders lustig: die deutschen Passagen, da Raimund Harmstorf anscheinend von einem deutschsprechenden Franzosen gesprochen wird.

EXTRAS

Wieder einmal hat Koch Media eigene Extras produziert. Leider fehlt dem an sich schicken “Making of” (ca. 47 Minuten) die Präsenz von Enzo Castellari oder wenigstens einem der Hauptakteure des Films. Dennoch liefern einige der unbesungenen Helden des Filmspektakels zahlreiche wie amüsante Hintergrund-Anekdoten zur teilweise recht chaotischen Produktion. Neben Effektemeister Gino “Bombardone” de Rossi sind der Produzent Roberto Sbarigia, die Drehbuchautorin Laura Toscano, der Sohn des Komponisten Francesco de Masi sowie der Stuntman/Schauspieler Massimo Vanni in der Dokumentation zu sehen. Alle haben besonders warme Worte für Castellari und sein filmisches Engagement sowie sein uneingeschränktes Improvisationstalent. Weiterhin sind noch ein italienischer Kinotrailer und eine wirklich nur kleine Bildergalerie vorhanden.

FAZIT

Nicht nur für Komplettisten ist dieses besonders dreckige halbe Dutzend ein Hingucker. Abgesehen von der fehlenden Präsenz von Regisseur Castellari bei den Extras, weiß die Scheibe voll zu überzeugen. In ordentlicher Bild- und Tonqualität ist “Ein Haufen verwegener Hunde” erstmals ungekürzt in Deutschland zu bewundern.



Kay Pinno