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REVIEWS



Four Lions   (BLU-RAY)

Four Lions
    
Original: Four Lions   (England, 2010)
Laufzeit: 101 Min. (1080p)
Studio: Capelight
Regie: Christopher Morris
Darsteller: Riz Ahmed, Arsher Ali, Nigel Lindsay, Kayvan Novak, Adeel Akhtar u.a.
Format: 1.85:1 Widescreen (16:9)
Ton: DTS-HD-MA 5.1 Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch
Extras: Behind the Scenes, Interviews, Kurzfilm, geschnittene Szenen u.m.
Preis: ca. 17€
Wertung: 2-/ 2 / 3+ (Bild/Ton/Extras)


"Al Qaida Academy"

Ach du Scheiße! Endlich beweisen die Briten mal wieder, warum sie die Meister des schwarzen Humors sind und völlig unerwartet eine derart schräge (für einige sicherlich sogar geschmacklose) Komödie an den Start bringen, die sich ausgerechnet mit dem Thema des islamistischen Terrors, seinen Folgen und der Integrationsproblematik beschäftigt.
Auf den Spuren von vier angehenden islamischen Terroristen in England wird das absurde Treiben um eine geplante Terroraktion zu einem ausufernden Irrsinnsszenario. Als da wären Omar(Riz Ahmed), sein bester Kumpel Waj(Kayvan Novak), der etwas einfältige Bomben-Experte Faisal(Adeel Akhtar) und der vollkommen irre Konvertit Barry(Nigel Lindsay), die der westlichen Zivilisation ein tödliches Zeichen geben wollen. Doch welches Zeichen soll das eigentlich sein? Und wen sprengt man vorzugsweise in die Luft?
Zur Orientierung geht's erst mal nach Pakistan ins wüste Ausbildungslager. Doch die modern-gesellschaftlich geprägten Terror-Azubis kommen mit dem kargen Wüstendrill nicht klar und werden prompt rausgeschmissen. Um die Schmach zu verdrängen, wird der Ehrgeiz der Truppe nur noch mehr angestachelt. Nach all dem Palaver sollen endlich Taten folgen. Doch die Organisation ihres Himmelfahrtskommandos geriert sich als deutlich schwieriger als gedacht.
"Four Lions" nimmt das großartige Konzept der "Volksfront von Judäa" aus Monty Python's großartigem "Das Leben des Brian" und baut dies zu einem vollständigen Film aus - nur eben für moderne Terroristen. Genau wie Monty Python's biblische Revoluzzer haben die Djihadisten eher mit sich selbst, ihrem Ego und ihrer Identität zu kämpfen. Eigentlich geht es den vier Möchtegern-Bombern nur um ihre persönliche Anerkennung und nicht um irgendwelche politischen, gesellschaftlichen oder gar religiösen Dinge: Terrorismus als "coole, aufregende Subkultur", die sich gegen die festgefahrenen Gesellschaftsnormen auflehnt. Das gab es in Deutschland bereits in den 70-er Jahren als die "RAF" für blutige Schlagzeilen sorgte!
Regisseur Christopher Morris zeigt sich dabei ebenso geschickt in der Entlarvung von Klischees und dem Widerspruch zwischen einem dogmatischen Verhaltenskodex und der Vorliebe für gewisse Freiheiten der westlichen Zivilisation. Dazu verteilt er auch ordentlich Ohrschellen in die andere Richtung: rassischtische Nachbarn, geschellschaftliche Ausgrenzung, die allerdings auch aktiv von beiden Seiten gefördert werden, eine radikale wie unfähige Obrigkeit, die mit zielsicherer Genauigkeit ausgerechnet immer die falschen am Wickel hat und damit das Feuer der Intoleranz nur noch mehr entfacht. Das "Four Lions" so gut funktioniert liegt vor allem an der großartigen Leistung der Hauptdarsteller, deren moralische Ambivalenz für den Zuschauer vollkommen nachvollziehbar ist. Durch ihre oft naive Tuffeliglkeit, die geradezu an Kleinmkinder-Streitigkeiten erinnern, bleiben sie trotz ihrer finsteren Ziele dem Zuschauer emotional nahe - eine echte Meisterleistung. Dass dabei ausgerechnet der weiße Konvertit Barry seine Kameraden an Radikalität und kaum zu steigerndem Propaganda-Irrsinn um Längen schlägt (und damit oftmals für die besten Lacher sorgt!), ist nur die Spitze des komödiantischen Eisbergs. "Four Lions" hat sich den Titel der explosivsten Satire des Jahres redlich verdient, bei der zu Recht von einem Bombenerfolg gesprochen werden darf.

BILD

Four Lions

Der in HD-Video aufgezeichnete Film (1.85:1) weist natürlich keine analogen Rückstände auf. Schärfe und Kontrast sind sehr solide, aber können natürlich nicht den immanenten Videolook des Materials unterdrücken. Dies ist natürlich in Anlehnung an die Thematik auch ein Stück weit gewollt, da dem Geschehen hier eine größere Realitätsebene verliehen wird. Dennoch zeigt sich das Bild sehr detailreich. Die Farben sind insgesamt etwas reduziert, was an der vornehmlich zurückgenommen Farbpalette aus Grau- und Brauntönen liegt. Der Schwarzlevel ist ausreichend tief und detailreich. Die Kompression hält das Bild stabil und ohne zusätzliche Beeinträchtigung. Gut.

TON

Four Lions

Der DTS-HD 5.1 Track leistet solide Arbeit und holt aus dem nicht auf irrsinnige Surroundefekte ausgelegten Audiotrack das wesentliche heraus. Die Dialoge liegen gut verständlich im Centerkanal. Hier beweist vor allem die sehr gelungene deutsche Synchronisation ihre Stärke, da der englische Originaltrack aufgrund der zahlreichen überlappenden Dialoge und des harten Slangs oft schwer zu verstehen ist. Dass die deutschen Stimmen hier deutlicher gegenüber der restlichen Soundkulisse im Vordergrund liegen erweist sich hier tatsächlich einmal als Vorteil. Die restlichen ambiente Effekte sind gut und subtil in der Soundstage verteilt, ohne groß auf gezielt direktionale Effekte abzuheben. Ein solider Track ohne Überrschungen.

EXTRAS

Neben den üblichen Extras, die auf einem solchen Release zu finden sind (2 semi-interessante Interviewsegmente mit den Filmemachern und Schauspielern, sowie einem 14-minütigen, unkommentierten Behind-The-Scenes Look bei den Dreharbeiten), lassen sich hier auch zwei Features finden, die sich mit den Realitäten des Themas in der englischen Gesellschaft beschäftigen. Ein neunminütiger Clip zeigt pakistanische Jugendliche in ihrem sozialen Umfeld und die Eindrücke ihres Lebens, die eine gewisse des Tendenz in der dargestellten Selbstwahrnehmung des Films belegen.
Ein zweites Video (ca. 13 Min.) zeigt den konvertierten Islam-Künstler Mohammad Ali Ahmad, der über seine Arbeit und seine Konflikte mit den vritischen Behörden spricht. Da leider weitere Hintergrund-Infos zu seiner Person fehlen, bleiben die geschilderten Aussagen ein wenig für sich stehen, aber zeigen erschütternder Weise ebenfalls eine Tendenz der britischen Obrigkeit auf, die sich bitterböse im Film widerspiegelt.
Desweiteren gibt es einen Trailer zum Film sowie sieben geschnittene/verlängerte Szenen zu sehen, die dem Film aber nicht wirklich fehlen. Hier gibt es eigentlich nur noch etwas längere Terrorspinnereien zu erleben, die ihren Platz zu Recht nur im Bonusmaterial verdient haben.

FAZIT

Mit "Four Lions" gelingt Regisseur Christopher Morris ein mehr als treffsicherer Rundum-Tritt in die Kronjuwelen der Empfindsamkeit aller dem Konflikt zugehörigen Gruppen und Parteien. Dabei scheint kein Klischee zu abgedroschen zu sein, um es gekonnt auf den Kopf zu stellen. Sensationell böse und politisch unkorrekt legt "Four Lions" nicht nur den Finger, sondern gleich den ganzen Arm in die offene Gesellschaftswunde Integration und (vermeintlicher) religiöser Radikalisierung. Ein absolutes Must-See!



Kay Pinno