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REVIEWS



Enter the Void   

Enter the Void
    
Original: Enter the Void   (Frankreich / BRD / Japan, 2009)
Laufzeit: 156 Min. (PAL)
Studio: Capelight
Regie: Gaspar Noé
Darsteller: Nathaniel Brown, Paz de la Huerta, Cyril Roy
Format: 2.35:1 Widescreen (16:9)
Ton: DD5.1 Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch
Extras: -
Preis: ca. 15 €
Wertung: 1-/ 2+/ 6 (Bild/Ton/Extras)


"Lost in Translation..."

Wieder einmal schickt der französische Regisseur Gaspar Noe ("Irreversible") den Zuschauer mit "Enter the Void" auf einen finsteren Trip durch die Nacht. Diesmal ist der Neon-Dschungel von Tokio das bereits an sich surreale Setting für den Todestraum von Oscar (Nathaniel Brown). Den Waisenjungen hat es mit seiner Schwester Linda (Paz de la Huerte) nach Japan verschlagen, wo er sich im Netzwerk der örtlichen Ausländer langsam aber sicher in die Rolle eines Drogendealers rutscht, während Linda ihre Hüllen gegen Geld vor japsenden Japanern fallen lässt. Alles scheint für die beiden irgendwie Spaß und Spiel und besonders fern jeder Realität zu sein. Dies ändert sich radikal, als eine Stoff-Übergabe von Oscar an einen Freund durch die Polizei gesprengt wird. In Windeseile rutscht Oscars Leben wortwörtlich ins Klo und weit darüber hinaus.
Was Gaspar Noes Regie-Kumpel Jan Kounen bereits mit seiner trippigen Western-Comic-Verfilmung "Blueberry und der Fluch der Dämonen" versuchte, glückt Noe größtenteils mit "Enter the Void": der lange, dunkle Drogentrip zur eigenen Seele, in der Schuld und Sühne der Vergangenheit in einer dreckigen Realität aufgelöst werden. Größtenteils aufgenommen in einer 1.-Person-Sicht, bekommt der Zuschauer in "Enter the Void" einen ganz persönlichen Drogentrip ins Jenseits spendiert, den Noe bewusst wie eine seltsame Fieberfantasie inszeniert. Besonders verstörend und gelungen sind dabei die zahlreichen Assoziationsschnitte, die über bildliche Motive Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft von Oscars Leben und Umwelt nahtlos miteinander verbinden.
Damit aber niemand zu sehr aus dem Fahrwasser gestoßen wird, gibt ein tibetanisches Totenbuch, das Oscar von einem Künstler-Kumpel erhalten hat, die Erzählstruktur des Films vor. Der dabei zugrunde liegende esotherische Background von Tod, Existenz nach dem Tod und Wiedergeburt wird dabei erstaunlich platt präsentiert, aber konsequent und kompromisslos über die gesamte Länge des Films durchgezogen. Fast könnte man Noe hysterisch "Ich hab's euch ja gesagt!" im Hintergrund lachen hören. Die Brillanz des französischen Trips über dem Jenseits liegt schließlich in der unvergleichlichen visuellen Aufbereitung seiner Figuren und Motive, die allerdings im sicher absichtlich zu lang geratenen letzten Drittel des Films deutlich über Bord gehen. Der Begriff Exzess kommt da in den Sinn, den Noe für seine Illumination des traunatischen Irrsinns einer Todesfantasie voll auskosten will. Denn dunkel war es und der Geist Gottes schwebte über den Wassern - oder besser gesagt über den Häusern von Tokio und muss sich das Elend der noch Lebenden mitanschauen. Hier hätte sich allerdings Peter Jackson eine dicke Scheibe für seinen verwässert misslungenen "In meinem Himmel" abschneiden können. Denn gerade weil Gaspar Noe kompromisslos seiner Idee treu bleibt, und Augen und Hirn dafür auch gerne überstrapaziert, ist "Enter the Void" wieder ein starkes Stück Kino geworden, das den Begriff des Erfahrungskino weiter ausbaut. Noes Filme sind eben bewusste, physische Angriffe auf den Zuschauer, die einen für immer verändert aus dem (Heim)Kinosessel schleudern. Die DVD von Capelight enthält zudem die ungekürzte Langfassung des Films (siehe hier).

BILD

Enter the Void

Der anamorphe Widescreentransfer (2.35:1) basiert auf einer sehr guten Vorlage, die keinerlei analoge Rückstände oder Verunreinungen enthält. Schärfe und Kontrast sind sehr gut und liefern einen guten wie detailreichen Eindruck, des oftmals absichtlich schwammig und transzendent gehaltenen Bildes. Der visuelle Drogentrip-Charakter der Inszenierung wird sehr gut vermittelt. Farben und Kontrast sind solide, während besonders der Schwarzlevel eine starke und gute Rolle übernimmt. Die zahlreichen eher düsteren Szenerien werden exzellent wiedergegeben, ohne durch Milchigkeit oder Detailverlust in den dunklen Bildbereichen aufzufallen. Die Kompression bleibt ebenfalls sauber. Sehr gut.

TON

Enter the Void

Der DD5.1 Track liefert eine großartig aufgelöste Soundkulisse, die dem 1.-Person View des Films mehr als gerecht wird. Das nächtliche Tokio erwacht in der kompletten Soundstage zum Leben und unterstützt perfekt den Eindruck, sich in Oscars Kopf zu befinden. Die Dialoge sind dabei ebenfalls gut in den Surroundkanälen plaziert und immer gut verständlich. Der hypnotische Soundtrack mischt sich ebenfalls geschmeidig in die Surroundkulisse und drängt sich dabei gerne, aber absichtlich mal in den Vordergrund. Die deutsche Synchronisation ist zudem sehr gut gelungen und zieht den Zuschauer gut in den Strudel der tragischen Ereignisse. Aussetzer oder störende Überlappungen konnten nicht festgestellt werden.

EXTRAS

Die reine DVD-Version bietet leider gar keine Extras. Tödlich.

FAZIT

Frankreichs Regie enfant terrible Gaspar Noé gibt wieder Vollgas: provokativ, verstörend und visuell visionär geistert "Enter the Void" durch eine alptraumhafte Nacht in Tokio, die niemand so schnell vergessen wird. Die DVD bietet leider keine Extras, dafür den Film in bester Qualität. Definitiv nichts für zarte Gemüter.



Kay Pinno